FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2006

 

Antrag der CDU Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses

über Sofortprogramm
für ein „Netzwerk Kinderschutz und Prävention“

 

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen:

Der Senat wird aufgefordert, umgehend ein Sofortprogramm zur Schaffung eines „Netzwerkes Kinderschutz und Prävention“ aufzulegen und darin alle beteiligten Akteure im Bereich des Kinderschutzes sowie die Krankenkassen einzubeziehen.

Das Sofortprogramm soll insbesondere folgende Schwerpunktmaßnahmen enthalten:

1. Gründung eines Netzwerkes, das Ressourcen und Kompetenzen bündelt, Verantwortlichkeiten der beteiligten Institutionen klar benennt und so miteinander verzahnt, dass gefährdete Kinder nicht in Zuständigkeitslücken zwischen Jugendämter, Schulen, Gerichte, freie Träger und Eltern fallen.

2. Schaffung eines Frühwarnsystems, um vernachlässigte und gefährdete Kinder frühzeitiger zu finden. Dazu

  • sind die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder zur Pflicht zu machen.
  • ist die aufsuchende Familienarbeit zu verstärken und Hausbesuche bei Familien wieder zum Standardrepertoire der Kinder- und Jugendhilfe zu machen. Das Modell der Familienhebamme, das werdende Mütter und ihre Kinder über Jahre begleitet, ist auf Berlin zu übertragen, wie es zum Beispiel in Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen bereits praktiziert wird.
  • ist eine fortlaufende Beurteilung des Entwicklungstandes der Kinder in den Krippen, Kitas, Horten und in der Tagespflege durch die Erzieherinnen und Erzieher nach dem Modell „Grenzsteine der Entwicklung“, das bereits im Land Brandenburg mit Erfolg angewendet wird, vorzunehmen und auszuwerten. Damit können rechtzeitig Entwicklungsrückstände bei Kindern erkannt und diesen entgegen gewirkt werden.
  • ist die schnelle Umsetzung der gesetzlichen Bestimmung für die Fort- und Weiterbildung des pädagogischen Personals hinsichtlich des Kinderschutzes entsprechend dem novellierten Kinder- und Jugendhilfegesetz KICK notwendig.
  • ist der Einsatz von Kinderschutzbeauftragten für Kitas und Grundschulen zu erproben. Dafür sind Personen aus dem vorhandenen Personal zu qualifizieren, die Anzeichen von Misshandlung und Vernachlässigung frühzeitig erkennen, als Multiplikatoren die Lehrer für das Thema sensibilisieren und mit den Jugendämtern und anderen Institutionen des Kinderschutzes verbindlich kooperieren.

3. Ausbau vorbeugender, familienunterstützender Angebote , um Eltern bei Überforderungen frühzeitig helfen zu können.

4. Förderung und finanzielle Sicherung von Modellprojekten, die gezielt problembelastete Eltern, Kinder und Jugendliche ansprechen. Dazu gehören zum Beispiel die SchreiBabyAmbulanzen, das Patenprojekt für Kinder psychisch erkrankter Eltern und das Projekt zur Begleitung drogenabhängiger Schwangerer und junger Mütter mit ihren Kindern.

5. Sicherstellung des Beitrags der erzieherischen Hilfen zum Kinderschutz durch ausreichende Ausstattung und bedarfsgerechte Weiterentwicklung. Zum Beispiel dürfen bei Not- und Krisendiensten nicht noch weitere Einsparungen vorgenommen werden.

6. Vorlage eines Kinderschutzberichtes alle zwei Jahre an das Berliner Abgeordnetenhaus. Damit soll über Stand und Probleme des Kinderschutzes im Land Berlin zielgerichtet informiert werden, damit die politischen Entscheidungsträger die entsprechenden Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung des Kinderschutzes ziehen können.
 

Finanziert werden soll das Programm aus den 8 Millionen Einsparungen für die Hilfen zur Erziehung. Zusätzlich müssen auch Mittel aus weiteren Einzelhaushalten wie Gesundheit und Soziales, Stadtentwicklung und Justiz einfließen, um eine nachhaltige und präventive Wirkung erzielen zu können.

Dem Abgeordnetenhaus ist über die Installierung des Sofortprogramms bis zu seinem endgültigen funktionstüchtigen Einsatz laufend Bericht zu erstatten.

Begründung:

Zur Jahreswende erschütterte wieder ein Vorfall schwerer Kindesmisshandlung die Berliner Öffentlichkeit: Ein zwei Monate alter völlig verwahrloster Säugling musste in die Klink eingeliefert werden, weil sein Vater ihm schwere Kopfverletzungen zugefügt hatte.

Dass dieser Vorfall kein Einzelfall ist, beweist die traurige Statistik der letzten Jahre und  fast täglich werden neue Fälle von Kindesvernachlässigungen und –misshandlungen bekannt. Diese sind nach Expertenmeinung nur die Spitze des Eisberges.

Das ist eine sehr bedenkliche Entwicklung, die keinen ruhig bleiben lassen darf, denn auch gegen ein Jugendamt ermittelt erstmals die Polizei wegen unterlassener Hilfeleistung.

Vor diesem Hintergrund ist vor allem die Politik verpflichtet, endlich den vielen richtigen und guten Worten Taten folgen zu lassen, damit den betroffenen Kindern wirksam geholfen werden kann. Das Land Berlin steht deshalb in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen für den Kinderschutz in unserer Stadt schnell und nachhaltig zu verbessern und praxisnah auszugestalten.

Aus diesen Gründen wird der Senat aufgefordert, ein Sofortprogramm für ein „Netzwerk Kinderschutz und Prävention“ aufzulegen. Darin sind alle Institutionen und Akteure, die für das Wohl von Kindern in unserer Stadt tätig sind, sowie die Krankenkassen einzubinden.

Das Sofortprogramm soll aus den Einsparungen der Hilfen zur Erziehung sowie Mitteln aus den Einzelhaushalten Gesundheit und Soziales, Stadtentwicklung und Justiz finanziert werden. Dadurch soll auch deutlich werden, dass der Kinderschutz eine ressortübergreifende Aufgabe der Senatsfachverwaltungen ist.

Ziel des Programms muss sein, ein Netzwerk zu gründen, das Ressourcen und Kompetenzen bündelt, Verantwortlichkeiten der beteiligten Institutionen klar benennt und so miteinander verzahnt, dass gefährdete Kinder nicht in Zuständigkeitslücken zwischen Jugendämtern, Schulen, Gerichten, freien Trägern und Eltern „verloren“ gehen

Ein besonders wichtiges Anliegen ist die Schaffung eines Frühwarnsystems, das so ausgestaltet sein muss, dass gefährdete Kinder und ihre Eltern möglichst frühzeitig Hilfen erhalten. Dazu gehören zum Beispiel verpflichtende Vorsorgeuntersuchungen für Kinder ebenso wie auch der Ausbau familienunterstützender Leistungen, wie zum Beispiel Hausbesuche, der Einsatz von Familienhebammen und die Erprobung von Kinderschutzbeauftragten in Kita und Grundschule.

Aber auch die Qualifizierung des Erzieherpersonals in Sachen Kinderschutz ist unerlässlich. Dabei kann der Einsatz des Modells „Grenzsteine der Entwicklung“, das bereits erfolgreich im Land Brandenburg praktiziert wird, sehr hilfreich sein. Mit diesem Instrument können Entwicklungsrückstände und anderer Defizite bei Kindern schnell erkannt, frühzeitig und präventiv Hilfepläne erstellt und eine enge Zusammenarbeit mit den betreffenden Familien erreicht werden.

Ein weiterer Schwerpunkt ist die Förderung von Modellprojekten, die gezielt problembelastete Eltern, Kinder und Jugendliche ansprechen und die zur Zeit noch unzureichend finanziell gesichert sind. Dazu gehören zum Beispiel die SchreiBabyAmbulanzen, das Patenprojekt für Kinder psychisch erkrankter Eltern und das Projekt zur Begleitung drogenabhängiger Schwangerer und junger Mütter mit ihren Kindern.

Vor allem dürfen keine weiteren Einschnitte bei den Hilfen zur Erziehung und der Familienbildung erfolgen. Dünnt man diese Bereiche nach wie vor weiter aus, gehen wichtige Bausteine eines funktionierenden Schutzsystems für Kinder auf Dauer verloren.

Berlin, 04. Januar 2006

Zimmer, Rabbach, Steuer,  Richter-Kotowski
und  die übrigen Mitglieder
der Fraktion der CDU

 

 

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