FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2002

 

zu E. Thilo Geisler

Qualitätsverbesserung und Kostendämpfung
durch mehr Vollzeitpflege

von Birgit Nabert

 


In Berlin tut sich was !
Herr Geisler geht vor wie ein Arzt: erst die Diagnose, dann der Therapievorschlag. Er hat recht, wenn er die ständige Steigerung der Anforderungen an die Pflegeeltern hervorhebt. Die vermittelten Kinder werden immer schwieriger, die Zahl der spezialisierten Berater in den Ämtern geht kontinuierlich zurück. Das führt oft dazu, daß den Pflegeeltern die Kontaktpflege oder gar Betreuung der Herkunftsfamilie aufgeladen wird, was nach aller Erfahrung und Forschung fast immer dem Kindeswohl widerspricht. Geisler bleibt hier unklar, schlägt aber immerhin den Einsatz von zwei Fachkräften vor, so daß eine der beiden eine glaubwürdige Vertrauensbeziehung zur Pflegefamilie und die andere zur Herkunftsfamilie aufbauen könnte, statt ein in der Regel wirklichkeitsfremdes und therapiefeindliches Übersystem im Sinne einer „Doppel-Familie“ aufzuzwingen. Dann muß man aber für den Erhalt bzw. Aufbau der spezialisierten Pflegekinderdienste eintreten. Auch hier legt Geisler sich nicht fest.

Besonders überzeugend ist der Autor bei der Gegenüberstellung von Heim- und Pflegeerziehung und den daraus abgeleiteten fiskalischen Konsequenzen. Hier knüpft er sehr geschickt an die aktuelle Sparpolitik und die früheren Beschlüsse des Berliner Abgeordnetenhauses an.

Peinliche Unwissenheit offenbart er, wenn er beklagt „daß kaum Forschungsergebnisse zur Situation des Pflegekinderwesens zur Verfügung stehen“. Ein Blick auf die Web-Seite der Berliner Arbeitsgemeinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie, die dortigen Literaturhinweise und Verknüpfungs-Links hätte ihn eines Besseren belehren können. Dort hätte er auch etwas über beeindruckende Qualitätsüberprüfungen und -entwicklungen erfahren können, z.B. über das Evaluationsprojekt des Hertener Pflegekinderdienstes.

Sehr einleuchtend sind Geislers Ideen zur kostenneutralen Einbindung freier Träger, zumal er, gestützt auf Wiesner, daran festhält, daß die Jugendämter sich weiterhin an der Vermittlung und Hilfeplanung beteiligen sowie die steuernde Funktion beibehalten sollen, was ohne gut besetzten Pflegekinderdienst aber unmöglich ist.

Mit den genannten Einschränkungen kann man Geislers Versuch, den sachlich und fiskalisch gebotenen Abbau der Heimplätze zugunsten des Pflegekinderwesens voranzutreiben, einhergehend mit dessen gezielter Unterstützung und Qualifizierung, nur begrüßen. Aber wie will er verhindern, daß der erste Teil seines Vorschlags aufgegriffen und der zweite ignoriert wird? Die billigste Verlockung für die Staatskämmerer wäre jedenfalls, das Pflegekinderwesen auszubauen, die Heimplätze und die Pflegekinderdienste abzubauen und die zunächst geköderten freien Träger möglichst bald einer qualitätsvernichtenden Dumping-Konkurrenz zu überlassen.

Birgit Nabert (Nov. 2002)
Vorsitzende des PFAD-Landesverbandes der Pflege- und Adoptivfamilien in Schleswig-Holstein e.V. (
www.pfad-sh.de)

 

 

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