FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2004

 

Zweite Stellungnahme des
PFAD-Bundesverband der Pflege-
und Adoptivfamilien e.V.
zum Entwurf der Ausführungsvorschriften des Berliner Senats zur Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege
(AV-Vollzeitpflege; Fassung von Oktober 2003)

 

PFAD, der Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V., verweist zunächst auf seine erste Stellungnahme vom 25.02.2003 zu den Entwürfen der AV-Vollzeitpflege vom Oktober und November 2002, deren grundlegende Kritik an den geplanten, umfassenden Mittelstreichungen im Berliner Pflegekinderwesen auch für den im Oktober vergangenen Jahres vorgelegten Entwurf aufrechterhalten werden muss.

Zudem unterstützt der Bundesverband die verschiedenen mittlerweile von Pflegeeltern/-vereinigungen und Fachkräften vorgetragenen Kritikpunkte an dem nun vorliegenden Entwurf vom Oktober 2003 (vergleiche die Beiträge des Arbeitskreises zur Förderung von Pflegekindern e.V., dem Caritas Verband für Berlin e.V., der Familien für Kinder gGmbH, der Wadzeck-Stiftung, dem FiP Spandau, von Rechtsanwältin G. Eberhard, der Pflegeelterninitiative Mitte, sowie von Frau Dipl. Soz.päd. K. Paternoga, die in der Internetzeitschrift der Arbeitsgemeinschaft Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP) publiziert sind). Der Bundesverband fordert in diesem Zusammenhang insbesondere:

1. Der Senat soll für die weitere Beratung des Entwurfs die in Berlin seit langem tätigen und fachlich ausgewiesenen Pflegeeltern/-vereinigungen und im Pflegekinderwesen engagierten freien Träger in die Diskussion einbeziehen. Er ist in Perspektive des Bundesverbandes dazu nach dem deutschen wohlfahrtsstaatlichen Subsidiaritätsprinzip verpflichtet.

2. (Zu 2.7) Gemäß § 33 SGB VIII wird keine Bevorzugung des Modells der Vollzeitpflege als zeitlich befristeter Erziehungshilfe oder als auf Dauer angelegter Lebensform vorgenommen. Entscheidungskriterien sind, wie in § 33 SGB VIII formuliert, Alter und Entwicklungsstand des Kindes/Jugendlichen, seine persönlichen Bindungen sowie die Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie. Daher ist von einer Option für befristete Vollzeitpflege abzusehen.

3. Das Institut der Sonderpflege (sog. ‚heilpädagogische Pflege’) muss für die spezielle Betreuung der durch Vernachlässigung, Misshandlung und Missbrauch traumatisierten Kinder unbedingt erhalten bleiben.

4. (Zu 12.3) Der Status quo der finanziellen Absicherung bestehender heilpädagogischer Pflegeverhältnisse muss ohne Einschränkung erhalten bleiben. Dasselbe gilt für Sonderformen von Vollzeitpflege wie Großpflegestellen oder andere spezifische Settings. Eine sukzessive Herabsetzung des Erziehungsgeldes darf nicht vorgenommen werden.

Mit den Worten von Frau Eberhard: „Man will die Sonderstellung der heilpädagogischen Pflegestelle mit dem berechtigten Argument abschaffen, die anderen Pflegeeltern hätten in der Regel ebenfalls sehr schwierige Kinder, zieht aber nicht die logische Konsequenz, jene ebenfalls zu heilpädagogischen Pflegestellen umzuwidmen und entsprechend zu finanzieren, sondern steigert ihnen gegenüber die fachlichen Ansprüche ohne entsprechendes Honorar…

Es fragt sich, welche Extremstörungen ein Kind bieten muß, um den erweiterten Förderbedarf zu erhalten. Das Ergebnis wird sein, dass nur ganz wenige der betroffenen Pflegestellen den vertragsrechtlich gesicherten Bestandsschutz bekommen“.

5. (Zu 4.6) Da die Versorgung von Kindern mit erweitertem Förderbedarf regelmäßig die Aufgabe der Erwerbsbiographie für zumindest einen Pflegeelternteil erforderlich macht, ist keine Beschränkung der Aufnahme von Kindern mit erweitertem Förderbedarf auf nur ein oder zwei Kinder zumutbar. Ebenso sollte eine allgemeine Beschränkung von Pflegeverhältnissen pro Pflegefamilie von den konkreten, alters- und entwicklungsabhängigen Bedürfnissen der einzelnen Pflegekinder abhängig gemacht werden.

6. (Zu 5) Die Vergütung befristeter Vollzeitstellen (früher: ‚Kurzpflege’) darf keineswegs hinter der von Vollzeitpflegestellen zurückstehen. Gemäß dem damit verbundenen Mehraufwand sollte stattdessen ein angemessen erhöhter Erziehungsbeitrag gewährt werden, um dieses qualifizierte Angebot zu erhalten. Auch hier sollte die Beschränkung auf ein Pflegekind aufgehoben werden.

Vergleiche hierzu die Ausführungen von Frau Stöcker für die Pflegeelterninitiative Mitte: „Für die meisten Erziehungspersonen ist die befristete Vollzeitpflege ein Berufsersatz. Da die Mehrzahl der unterzubringenden Kinder sich in einer Krisensituation befinden und oft in einer schlechten seelischen und/oder körperlichen Verfassung sind, zudem häufig schwere Verhaltensauffälligkeiten mitbringen, ist eine Berufstätigkeit im eigentlichen Sinne nicht mit den Bedürfnissen der Kinder vereinbar und vom Jugendamt ebenfalls nicht gewollt…

Wenn diese Rahmenbedingungen so umgesetzt werden, wie im Entwurf vorgesehen, wird es die befristete Vollzeitpflege in Berlin bald nicht mehr geben. Hier soll… vermeintlich eingespart werden, um letztendlich die teuren Krisenunterbringungen in Einrichtungen zu finanzieren, die weniger individuell auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen können als geeignete Pflegefamilien“.

7. (Zu 6.3 und 6.5) Die örtlichen Pflegestellenbezirke müssen ihre fachlichen und strukturellen Standards bei Unterbringungen aus anderen Bezirken geltend machen können.

8. Fachdiagnostische Stellungnahmen sind nur bedarfsweise und themenbezogen durch unabhängige Träger/Professionelle durchzuführen.

Frankfurt/Main, den 20.01.2004

Ines Kurek-Bender, Vorsitzende

 

 

 

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