FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Erfahrungsbericht / Jahrgang 2005

 

Informationsbrief aus Brandenburg, Landkreis Oberhavel

Als Pflege- und Adoptiveltern von zwei behinderten Kindern
werden wir jahrelang durch Ämter schikaniert
und durch das Familiengericht behindert

Ministerien erkennen keinen Handlungsbedarf
(mit Ergänzung vom 22.1.2006)

 

Unsere persönlichen Angaben

  • Pflegeeltern seit 1998, Diplom-Mathematiker (55) und leitende Pflegefachkraft (45).
  • 3 Töchter, (22) mit Abitur in Ausbildung, (21) studiert Japanologie u. (7) vorfristig eingeschult.
  • Januar 2000 Adoption unseres 1¾-jährigen Pflegesohnes S. (7). Im gleichen Jahr aktiv betriebene Anbahnung der Adoption eines weiteren behinderten Pflegekindes durch das Jugendamt, dessen Pflegemutter sich aber gegen eine Herausnahme wehren konnte. S. hat Alkoholembryopatie mit ADHS. Er hat die Pflegestufe II.
  • Nov. 2001 Aufnahme unseres streitgegenständlichen Pflegesohnes M. (4) im Alter von 6 Wochen. M. hat Alkoholembryopatie mit starken körperlichen und seelischen Behinderungen. Er hat Pflegestufe I und ist schwerbehindert (Grad 50).
  • April 2002 wurden seinen leiblichen Eltern Aufenthaltsbestimmungsrecht, Gesundheitsfürsorge und Hilfen zur Erziehung entzogen und dem Jugendamt übertragen und für ihn Dauerpflege festgelegt. Das Jugendamt wollte einen Wechsel der Pflegeeltern, weil wir Kurzzeitpflegeeltern wären und weil wir mit mit 2 behinderten Kindern überlastet seien (dabei hatten wir in der Vergangenheit mehrfach zusätzlich zu S. weitere behinderte Kinder in Pflege). Wir und auch die leiblichen Eltern waren der Meinung, dass die starken Bindungen von M. zu unserer Familie nicht mehr zerstört werden sollten. 
  • Dez. 2002 konnten wir mit Hilfe der renommierten Rechstanwältin Ricarda Wilhelm gegen das Jugendamt eine gerichtliche Verbleibensanordnung durchsetzen. Wir beantragten bisher erfolglos die Übertragung der Sorgerechtsanteile des Jugendamtes auf uns.

Im April 2002 (speziell in den Hilfeplangesprächen am 16.4. und 23.4.) wurde uns die sofortige Beendigung des Pflegeverhältnisses angedroht, falls wir uns gegen den Pflegeelternwechsel gerichtlich wehren würden. Unser Antrag auf Dauerpflege und Bittschriften der leiblichen Eltern wurden nicht beantwortet. Das Jugendamt brach am 25.4.02 mit polizeilicher Gewalt in unser Haus ein und durchsuchte es nach M., um den Pflegeelternwechsel durchzusetzen. Unsere große Tochter wurde, als sie die Schlüssel des neuen Schlosses abholen wollte, bei der Polizei verhört, ohne über ihre Rechte aufgeklärt worden zu sein. Der Staatsanwalt sah kein öffentliches Interesse, unsere Klage wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung zu verfolgen.

Die Gerichtsgutachterin empfahl zwar den weiteren Verbleib von M. bei uns, kriminalisierte und psychiatrisierte uns aber gleichzeitig. Sie behauptete zunächst die Erziehungsunfähigkeit der Pflegemutter und 3 Monate später auch die des Pflegevaters. Sie setzte sich gegen die Übertragung der Sorgerechte auf uns ein.

Die Familienrichterin am Amtsgericht Oranienburg, die auch die Adoption von S. durch uns beschlossen hatte, schenkte von uns eingereichten psychologischen Stellungnahmen, die die unkorrekte und die Realität verzerrende Begutachtungs- und Schlußweise der Grichtsgutachterin aufzeigen, kein rechtliches Gehör und berücksichtigte sie bis heute nicht.

Nach § 1688 BGB darf uns der Vormund, hier das Jugendamt, nach einer Verbleibensanordnung nicht einschränken, wenn wir ihn in der Alltagssorge vertreten sowie Versorgungs- und sonstige Sozialleistungen beantragen. Eine Anlage zu unserem Pflegevertrag, die uns berechtigt, "Abwesenheit vom Wohnort bis zu 6 Wochen, auch grenzüberschreitend" zu bestimmen, die Kita zu bestimmen, den Arzt auszuwählen und Zustimmung zu "Kuren bis zu 3 Monaten Dauer" zu geben, wird vom Jugendamt als "ungültig" erklärt.

Folgende Beispiele zeigen amtsmißbräuchliche Einschränkungen unserer pflegeelterlichen Bewegungsfreiheit durch das Jugendamt und falsche "Amtshilfe" durch Gesundheitsamt und Versorgungsamt auf:

  • Versuchte Einschränkung unserer Kitawahl im Hilfeplangespräch am 10.5.04.
  • Versuchte Einschränkung unserer Arztwahl
    • Anforderung einer Ärzteliste, danach massive Beeinflussung von Ärzten, um die Feststellung einer Behinderung von M. zu vereiteln. Nötigung, bestimmte Ärzte aufzusuchen. Vorenthalten von Arztberichten.
  • Im Hilfeplangespräch am 10.5.04 wurde damit gedroht, eine Änderung der Pflegefamilie zu prüfen.
  • Verzögerung der behördlichen Meldung von M. bei uns, um unseren Antrag auf Zahlung von Kindergeld zu verhindern.
    • Die Kindergeldkasse: Kindergeld gibt es nur bei behördlicher Anmeldung und diese nur bei Zustimmung des Vormundes. Das Jugendamt: Kindergeld gibt es ab Datum des Dauerpflegevertrages (auch ohne Anmeldung). Wir konnten die rückwirkende Zahlung von Kindergeld gerichtlich durchsetzen.
  • Das Gesundheitsamt "bescheinigt" M. am 16.1.03 und am 7.9.04 ein weitgehend überdurchschnittliches Entwicklungsalter. Nach Kenntnis eines Arztberichtes des SPZ der Charité Berlin bescheinigt das Gesundheitsamt jedoch M. am 17.1.05 Wahrnehmungsstörungen und psychomotorische Retardierung und empfiehlt pädagogischen Mehrbedarf in der Kita von 2 Stunden täglich, der daraufhin auch bewilligt wird. Uns trifft danach der Vorwurf vom Jugendamt (31.3.05), eigenmächtig den Arzt auszusuchen.
  • Das Landesversorgungsamt bescheidet am 20.1.05 für M. eine Schwerbehinderung vom Grade 50. Nachdem das Jugendamt davon erfährt, fordert es uns auf (10.2.05, 24.2.05 und 7.3.05), den Bescheid wieder zurückzugeben. “Ein solches Antragsverfahren sei nicht wünscht”. Das Landesversorgungsamt schreibt anschließend an das Jugendamt (10.3.05) zur Schwerbehinderung, dass M. "Vorteile aus der Feststellung selbst nicht in Anspruch nehmen" kann.
  • Die Amtspflegerin verleumdet uns gegenüber dem Gericht und schildert falsche Tatsachen.
    Brief vom 22.3.04: z.B. sie kenne keinen Befund über die Alkoholembryopatie; wir äußerten "ständige Mutmaßungen über Erkrankungen" von M.; es bestehe keine Ansprechbereitschaft für Vormundschaftsgericht und Jugendamt; die Ausübung der Pflegschaft durch die Pflegeeltern könne "zu einem Machtmissbrauch führen", durch die Integration in die Pflegefamilie bleiben für M. seine Wurzeln nicht erkennbar. Amtspflegschaft sei die "beste Möglichkeit ... eventuelle Defizite ... mit fachlicher Unterstützung auffangen zu können". Brief vom 31.3.05: sie behauptet "ständige Kompetenzüberschreitungen der Pflegefamilie", ihre Zustimmung sei erforderlich zur Antragstellung auf Feststellung einer Schwerbehinderung, beim Antrag auf eine Pflegestufe, bei der Beantragung einer Kur und wenn M. Kurärzten vorgestellt wird. Unsere Rechtsanwältin (5.5.04, 20.4.05) zeigt die Schikanen und den Amtsmißbrauch auf.
  • Das Jugendamt stellt sich als einziges gegen die Sorgerechtsübernahme durch uns; die leiblichen Eltern unterstützen uns sehr und es besteht ein sehr gutes Verhältnis.
  • Das Jugendamt ist nicht bereit (4.5.05 und 15.09.05), unseren Antrag vom 29.3.2004 auf erhöhtes Erziehungsgeld für M. zu unterstützen. Dadurch werden notwendige Hilfen verweigert, um M. entsprechend seiner Behinderung fördern bzw. ausstatten zu können.
  • Unsere Klage mit dem Antrag auf erhöhtes Erziehungsgeld ist beim Verwaltungsgericht seit dem 29.3.04 anhängig, eine Bearbeitung ist für uns nicht erkennbar.

Die genannten Fakten sind durch Dokumente belegbar. Auf Beschwerden  unsererseits erhielten wir zur Antwort, dass weder der Landrat, das Vormundschaftsgericht, das Ministerium des Innern von Brandenburg noch das Ministerium für Jugend, Bildung und Sport in Brandenburg sich veranlasst sehen, das Verhalten des Vormundes bzw. Jugendamtes zu überprüfen.

Unsere Mitarbeit in einem Projekt des Sozialpädagogischen Fortbildungswerkes und des Landesjugendamtes Brandenburg – Entwicklung  einer lokalen Konzeption zur "Qualitätsentwicklung in der Vollzeitpflege" im Dialog zwischen Pflegeeltern und Jugendamt –  lehnte das Jugendamt im Jan. 04 ab.

Obwohl in der Gerichtsverhandlung vom 23.9.04 keine entscheidenden Argumente gegen uns vorgebracht werden können, wird von der Familienrichterin eine Entscheidung zu unserem Sorgerechtsantrag verschleppt und behindert. Sie begünstigt hierdurch die oben genannte Kampagne des Vormundes bzw. des Jugendamtes gegen uns. Nach nunmehr 3 Jahren ohne Entscheidung setzt die Familienrichterin jetzt auf alleinigen Wunsch des Jugendamtes (10.6.05) einen Verfahrenspfleger ein, der den kindlichen Willen des 4-jährigen behinderten M. zum Sorgerecht vertreten soll. Das Jugendamt hat jahrelang die psychischen Krankheitssymptome des fetalen Alkoholsyndroms von M. ignoriert. Am 31.8.05 empfiehlt der behandelnde Facharzt für Kinderpsychiatrie aufgrund des momentanen seelischen Zustandes unterstützende medikamentöse Therapie. Diese lehnt das Jugendamt auf dem Hilfeplangespräch am 15.09.2005 ab und nötigt uns stattdessen, eine Erziehungsberatungsstelle in Oranienburg aufzusuchen.

Pflege- und Adoptiveltern von alkoholgeschädigten Kindern nehmen sehr viele Mühen auf sich.

Müssen wir jetzt in ein anderes Bundesland umziehen, um mit unseren Kindern ein menschenwürdiges Leben führen zu können? Auch Pflegefamilien unterstehen dem Schutz des Grundgesetzes!

Wir empfinden die Politik im Lande Brandenburg, die wir erleben, als gegen Kinder und behinderte Menschen gerichtet. Durch die Ablehnungen aller angesprochenen Ämter und Institutionen, mit uns einen klärenden Dialog über die Vorkommnisse zu führen, sehen wir keine Chance zu einer Verbesserung der Pflegesituation, weshalb wir uns hiermit an die Öffentlichkeit wenden!

Arne und Kristine Marquardt 

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Ergänzung vom 22.01.2006

Die Amtspflegerin des Fachbereiches Jugend (ehem. Jugendamt) beantragte Amtshilfe durch den Amtspsychiater des Fachbereiches Gesundheit und Verbraucherschutz (ehem. Gesundheitsamt). Dieser bescheinigte unserem Pflegesohn M., ohne das Kind jemals gesehen zu haben, eine durch Alkoholembryopathie bedingte "hirnstrukturelle Schädigung i.S. eines organischen Psychosyndroms" (21.10.05). Wir baten ihn um Beratung und darum, mit unserem behandelnden Psychiater  zusammenzuarbeiten (16.11.05). Das Gesundheitsamt antwortete (22.11.05), dass seine Ärzte "sich nicht in die Therapien niedergelassener Ärzte einmischen (können)".

Am 24.11.05 fand am Amtsgericht Oranienburg eine weitere Anhörung zum Sorgerecht für unseren Pflegesohn M. statt. Als Beistand begleitete uns eine Diplom-Psychologin, Psychotherapeutin, Gutachterin und Rechtspsychologin.

Der Amtspsychiater kritisierte auf dieser Anhörung auf übertriebene Art und Weise die Medikationsvorschläge unseres behandelnden Psychiaters, dem er damit unterstellte, M. (absichtlich) massiv zu schädigen. Das Jugendamt missbrauchte diese Äußerungen dazu, uns etwaiges zukünftiges Fehlverhalten in der Gesundheitsfürsorge zu unterstellen.

Die Richterin kündigte auf der Anhörung an, uns die strittigen Teile des Sorgerechtes zu übertragen. Die Mitarbeiterin des Pflegekinderdienstes erwiderte hierauf sehr empört mit Verdächtigungen und Verleumdungen gegen uns und forderte Auflagen zu unserer Kontrolle. (Die selbe  Mitarbeiterin arbeitet auch in der Adoptionsvermittlung des Jugendamtes und hat uns noch 1999 die Adoption unseres Sohnes S. befürwortet!)

Um den nun schon fast 4 Jahre andauernden Schikanen durch das Jugendamt endlich zu entgehen, gaben wir nach und stimmten den geforderten Auflagen zunächst zu.

Die Richterin übertrug uns danach die Sorgerechtsanteile des Jugendamtes (Aufenthaltsbestimmungsrecht, Hilfe zur Erziehung und Gesundheitsfürsorge).

Das Verhandlungsprotokoll vom 24.11.05 wurde uns nicht zugesandt. Deshalb forderten wir es am 29.12.05 an und mussten nach Erhalt feststellen, dass die uns belastenden Aussagen fehlten und stellten daher am 6.01.06 einen Antrag auf Protokollberichtigung.

Die vom Gericht beschlossenen Auflagen stellen uns mit Eltern gleich, die ihre Kinder grob vernachlässigen oder misshandeln und dürften für Pflege- und Adoptiveltern wohl einmalig sein.

Die Vermutungen des Jugendamtes über unser zukünftiges Verhalten gegen das Kindeswohl erfüllen unseres Erachtens den Tatbestand der üblen Nachrede.

Das Gesundheitsamt kann beim jetzigen Stand der Dinge alle zukünftigen Therapien behandelnder Ärzte kontrollieren, boykottieren und unmöglich machen.

Die Befolgung von Medikationsvorschlägen eines niedergelassenen Arztes wird von Gesundheitsamt, Jugendamt und vom Gericht als mögliches Handeln gegen das Kindeswohl eingeschätzt.

Wir finden, dass im vorliegenden Falle die Amtshilfe durch das Gesundheitsamt dazu missbraucht wird, die bisherigen Schikanen auf anderer Ebene fortzusetzen.

Kristine und Arne Marquardt

 

 

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