FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Veröffentlichungen / sozialppädagogische Fabeln

 

Der Ritt ins gelobte Land


Als die alte Bäuerin spürte, daß ihr Tod nahte, rief sie ihre drei Kinder zu sich und sprach: „Friederike, die Zeit ist gekommen, daß Du den Hof übernimmst. Du Franz, und Du, Fritz, Ihr habt keinen Platz auf dem kleinen Hof; nehmt Euch die beiden besten Pferde aus dem Stall und reitet nach Norden. Hinter den Bergen werdet Ihr fruchtbares Land finden, das auf tüchtige Bauern wartet.“

Fritz und Franz taten, wie ihnen geheißen und verließen am nächsten Morgen den Hof. Franz trieb sein Pferd in einem scharfen Galopp und rief seinem Bruder zu: „Gib Deinem Pferd die Sporen! Wir wollen über die Berge sein, bevor der Winter hereinbricht!“

Fritz aber gab seinem Pferd nicht die Sporen, sondern sprach zu ihm: „Pferdchen, wir wollen vor dem Winteranbruch über die Berge, hast Du Lust auf einen scharfen Galopp?“

Das Pferd schüttelte den Kopf.

„Nun gut,“ sagte Fritz, „aber ich hoffe doch sehr auf einen munteren Trab?“

Da begann das Pferd zu traben, und Fritz lobte es sehr.

Franz aber murrte über den Verlust der Zeit.

Der nächste Tag führte sie vor einen tiefen, dunklen Wald. Die Pferde scheuten und wollten nicht hinein. Franz griff zur Reitgerte und peitschte sein Pferd in das Unterholz. Fritz aber fragte sein Pferd, ob es Angst habe, und das Pferd nickte heftig.

„Schnaube und wiehere, wenn Du Angst hast,“ sagte Fritz, „aber wir müssen hindurch, und wenn ich Dich zwingen müßte!“

Vor Angst schnaubend und laut wiehernd durchquerte das Pferd den Wald, und Fritz lobte es sehr.

Franz aber murrte über den Verlust der Zeit.

Am dritten Tag erreichten sie endlich die Berge. Sie waren sehr hoch und kalte Stürme heulten über die Felsen.

Franz preßte seinem Pferd die Sporen in die Flanken, schlug dazu mit der Reitpeitsche und jagte es so in die Berge.

Fritz fragte sein Pferd: „Wirst Du es schaffen, mich über die steilen Felsen zu tragen?“ Das Pferd schüttelte den Kopf. „Gut,“ sagte Fritz, „ich werde absteigen, aber dann mußt Du auch tapfer durchhalten, ich müßte Dich sonst am Zügel voranzerren.“

Das Pferd tat, wie ihm befohlen, und Fritz lobte es sehr.

Franz aber murrte über den Verlust der Zeit.

Als sie die Berge hinter sich gelassen hatten, lag vor ihnen ein wunderschönes fruchtbares Land. Nur einen schmalen, aber reißenden Fluß mußten sie noch überqueren.

„Los liebes Pferdchen,“ rief Fritz, „nun zeig was Du kannst!“ Die Augen des Pferdes leuchteten, und mit einem kraftvollen Sprung flogen sie an das andere Ufer.

Auch Franz trieb sein Pferd zum Sprung, aber dessen Anlauf war ohne Lust und Kraft. Roß und Reiter stürzten in die wirbelnden Fluten und drohten zu ertrinken.

Da bäumte sich das Pferd auf, warf seinen strengen Herrn aus dem Sattel und schwamm zurück an das Ufer. Der aber hatte sich mit letzter Kraft an die Mähne des Pferdes geklammert und entkam so dem sicheren Tod.

Franz bedankte sich für seine Rettung und sprach:

„Pferd, ich habe dich bislang garstig behandelt, bitte verzeih mir! Ab heute will ich freundlich zu Dir sein und dich so lenken, daß Du genausoviel Freude am Leben hast wie ich!“

Er gab ihm eine gute Portion Hafer und aß selbst einen saftigen Apfel. Danach legten sie sich zur Ruhe. Am nächsten Morgen trug ihn sein Pferd mit einem schwungvollen Satz über den Fluß, und so erreichten auch sie das Land, das die Mutter ihnen verheißen hatte.

aus „Fabeln statt Pillen“ von Kurt Eberhard und Istrid Hohmeyer

 

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