FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Nachrichten / Jahrgang 2004

 

Gedächtnisprotokoll
der 35. Sitzung des Jugendausschusses im Abgeordnetenhaus am 22.1.2004

Anhörung zur Situation des Pflegekinderwesens in Berlin mit Einbeziehung der neuen AV
(beantragt durch die CDU, Axel Rabbach)

 

Vorbemerkung: Dies ist ein subjektives Gedächtnisprotokoll aus selektiver Wahrnehmung und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit

L.U.

 

Vor der Sitzung: von 46 Zuhörerplätzen war ungefähr ein Drittel besetzt, zumeist mit Pflegeeltern, die offenbar alle von der CDU informiert und eingeladen worden waren. Axel Rabbach (CDU) hat vor Sitzungsbeginn ein Rederecht für einen der Pflegeeltern erwirkt, was unter den Pflegeeltern nicht auf ungeteilte Begeisterung stieß, wegen der Unwägbarkeiten eines unvorbereiteten Beitrages.

Die Plätze der Presse waren vollständig besetzt; es bleibt abzuwarten, ob und wie berichtet wird.

Bereits bei den zuvor verhandelten Tagesordnungspunkten war zu erkennen, dass die Fragen von den Vertretern aller Fraktionen sachlich behandelt wurden. Nur gegenüber Herrn Sascha Steuer (Jugendpolitischer Sprecher der CDU) hat Senator Böger immer wieder polemisch geantwortet. Er schien gerade auf Herrn Steuer und Herrn Rabbach nicht gut zu sprechen gewesen zu sein.

Bei Beginn des Tagesordnungspunktes Pflegekinderwesen in Berlin beklagte eine der Abgeordneten, dass sie und die meisten anderen kein Exemplar der AV erhalten hätten.

Sven Lachmann, Leiter Landesjugendamt:  neue AV seit 15 Jahren überfällig. Die finanzielle Zuwendung bei der Heilpädagogischen Pflege fördert die Defizite und stigmatisiert die Kinder lebenslang. Weil die Kinder eine für Außenstehende mitunter nicht mehr nachvollziehbare Loyalität zu ihren Herkunftseltern (HE) hätten, müssen die Rechte der HE in der Praxis mehr beachtet werden. Dem trägt die neue AV Rechnung.

Frau Schrödel, AK: fordert Bestandsschutz und Zusammenarbeit mit allen Beteiligten und Betroffenenvertretern.

Spontanes Beifallklatschen unter den Zuhörern. Rüge des Vorsitzenden an die Zuhörer, was von allen eher heiter-gelassen aufgenommen wurde.

Herr Heinzen, AK: Betont Notwendigkeit der finanziellen Aufwertung der Vollzeitpflege

Herr Flemming, JA Treptow-Köpenick : Die neue AV schafft Strukturierung und Qualifizierung des Hilfeprozesses durch die Begutachtungen und ermöglichst erstmals eine Bedarfserhebung. Durch einmalige Bedarfsfeststellung bei Heilpädagogischen Pflegen (HP) Stigmatisierung. „Die Hilfeempfänger (Herkunftseltern) müssen nicht mehr befürchten, dass die Kinder an die PE verloren gehen.“ „Bestandsschutz entweder bis zum Ende der Pflege oder bis zum Ende des erweiterten Förderbedarfs.“

Frau Spiewack, SOS-Kinderdörfer: Teamzusammenhang und Fortbildung der PE müssen in die AV eingearbeitet werden; Arbeit mit HE bedeutet oft Überforderung und Konkurrenz, daher müssen auch die HE begleitet werden, dazu bedürfe es eines einheitlichen Konzeptes. Ziel müsse sein, Beziehungsabbrüche für die Kinder zu vermeiden.

Herr Göpel, Caritas: wünscht mehr PE statt Heimunterbringung. AV zukunftsfähig wegen fachlicher Standards. Erwartet weiteren Ausbau von Pflegestellen aufgrund AV. Kurzpflegen zu wenig honoriert. Begutachtungen werden Kostenlawine bringen. Bei 500 Euro pro Gutachten und x (?) zu begutachtenden Kindern ergeben sich 520.000 Euro pro Jahr für Gutachten. Jugendämter hätten PE in der Vergangenheit ermutigt, ihre Berufstätigkeit aufzugeben. Darum Bestandsschutz sichern. AV in Bezirken unterschiedlich auslegbar, landeseinheitlicher Umgang müsse gesichert werden. Eine Arbeitsgruppe muss eingesetzt werden, die als Schiedsstelle arbeiten kann. Darin sollen arbeiten: Vertreter öffentlicher und freier Träger und Vertreter von Pflegeeltern (!).

Frau K., Pflegemutter: Hat drei heilpädagogische Pflegekinder. Beschreibung der Alltagsbelastungen. Schilderung, wie sie den Kontakt zwischen einem Pflegekind und dessen Vater, der das Kind ablehnt, einleitet und soweit begleitet, bis der Vater das Kind akzeptieren kann. Erklärt, wie die neue AV die Existenz ihrer Pflegefamilie bedrohen und zerstören würde. Kann diesen „Ausblick“ nicht beenden, da sie zu weinen beginnt.

Alle Anwesenden einschließlich Senator Böger haben diesen Ausführungen mit mehr Interesse, Aufmerksamkeit und Respekt zugehört, als allen vorhergehenden. (Haben möglicherweise zum ersten Mal einen Pflegeelternteil gehört.) Nur Frau Schipmann schüttelte unablässig den Kopf.     

Frage einer PDS-Abgeordneten (Name?):

  • Wie schafft es Frau Kemmerich, den Kontakt zu den HE aufrechtzuerhalten und nach welchen Kriterien geht sie dabei vor?
  • Wer fertigt die Gutachten an, wer entscheidet darüber?
  • Hat es in der Arbeitsgruppe der Bezirke, Jugendämter und freien Träger Anhörungen gegeben? Wurde der AK angehört? Die Pflegeeltern?

Frage der Abgeordneten Frau Kopp oder Knock (Partei?): Ist eine fachliche Qualifikation der Pflegeeltern auch in Berlin möglich? Bestandsschutz?

Abgeordnete Frau Müller, SPD: wie wird gewertet Kindeswohl versus Rechte der HE? Gutachterkosten? Übergangsregelungen?

Ein Dr. XY, Partei?: Pflegefamilien haben abgenommen, nicht etwa zugenommen. Widerspruch zum formulierten Ziel, die Kinder aus den Heimen zu holen. 

Sascha Steuer, CDU: Bestandsschutz?

Senator Böger: AV seit 15 Jahren überfällig wegen Auslaufen des KJHG. Heime immer der schlechtere Weg. AV ist nur Entwurf. Senat hat alle Gruppen angehört über das geschäftsordnungs-gemäße Maß hinaus. Es ist kein Überfallsystem geplant mit der AV. Zahl der PE soll erhöht werden. Frage nach den Berechnungen ist falsch, denn die Pflege in Heimen ist teuerer  und auch sonst nur der zweitbessere Weg. 2209 Kinder haben sich 2002 in Pflege befunden, davon 656 in Heilpädagogischer Pflege. Die werden künftig insgesamt 1015 Euro erhalten, sofern es sich um Heilpädagogische Pflege handelt. Dieser Sachverhalt wird überprüft. Die Beteiligung aller Betroffenen hat stattgefunden. Die AV muss im Senat abgestimmt werden aber erst nach Abstimmung mit dem Senator für Finanzen.

Sascha Steuer: Wenn die Heilpädagogische Pflege vorher 1.400 Euro gekostet hat und jetzt 1015 Euro kosten soll, was kostet ein Heimplatz?

Senator Böger : etwas 2,5 Tausend Euro mindestens.

Sven Lachmann (Leiter Landesjugendamt): Weiß, was für Meinungen bestehen. Gutachten sollen durch Jugendämter, den Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienst, Erziehungsberatung usw. erstellt werden. Gutachter muss den ganzen Prozess begutachten, nicht nur einen Einzeleindruck. Es ist fraglich, ob das Personal ausreichen wird, aber die von Hr. Göpel vorgelegten Zahlen seien zu hoch. Befristete Verträge müssen nach 6 Monaten maximal umgewandelt werden. Verhältnis PE und HE wird letztlich vor Gericht geklärt.

Frau Schrödel (Vorsitzende AK): Es trifft nicht zu, dass alle Betroffenen gehört worden seien. Die Aufforderung zur Mitarbeit sei erst im Dezember an den AK herangetragen worden.

Herr Heinzen (AK): Erwartet keinen Rückgang der Pflegefamilien durch die AV, sondern durch die schlechte Personalsituation im Amt

Herr Flemming (JA Treptow-Köpenick): Das Hilfeplanverfahren bestimmt den Takt, in dem begutachtet wird. Wünscht Konsensprozesse. Wo sie nicht erreichbar sind, muss familiengerichtlich entschieden werden. PE sind laienhafte und semiprofessionelle Auftragnehmer, die unterstützt werden müssen.

Frau Spiewack (SOS Kinderdörfer): Es gibt Grenzen in der Arbeit mit den HE. Die Gewährleistung von Unterstützung muss überall gleich geregelt sein. 

Herr Göpel (Caritas): professionelle fachliche Unterstützung muss geleistet werden. Facharbeitsgruppe zur Überarbeitung der AV muss gemischt zusammengesetzt werden.  

Sascha Steuer (CDU): Bestandsschutz mit jährlicher Überprüfung. Wenn Bedarf bleibt, wird weiter gezahlt. AV ist nur ein Entwurf.

Nach der Anhörung: Sascha Steuer sagt zu mir, es gäbe Heilpädagogische Pflegekinder, die schon bald keine heilpädagogischen mehr seien, darum müsse es jährliche Überprüfungen geben.

23.1.2004,  Luisa Umlauf  eumlauf@t-online.de

 

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