FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Erfahrungsbericht / Jahrgang 2007

 



Raimund Eich

"Angst um Melanie"

Verlag videel OHG

142 Seiten, Euro 7,50

 


Roswitha und Raimund E. entschließen sich, neben ihren beiden leiblichen Kindern Rebecca (7) und Roland (5) ein Kind zu adoptieren. Ein wesentlicher Grund hierfür ist u.a., dass man trotz eines weiteren Kinderwunsches aufgrund einer Lebensmittelunverträglichkeit des Sohnes grundsätzliche Bedenken hat, nochmals ein eigenes Kind in die Welt zu setzen.

Bereits nach kurzer Zeit, nur ca. 2 Monate nach Abgabe eines entsprechenden Antrages beim Jugendamt, wird ihnen ein 6 Monate altes Mädchen namens Melanie zur Vermittlung angeboten. Bedingung des Jugendamtes ist, dass die Entscheidung über die Annahme innerhalb weniger Stunden getroffen wird, da sonst noch am gleichen Tag andere Pflegeeltern für das kleine Mädchen gefunden werden müssten. Die Eheleute entschließen sich spontan, das Kind anzunehmen, nach dem man Ihnen von Seiten des Jugendamtes sehr große Hoffnungen gemacht hat, Melanie für immer behalten zu können. Begründet wird dies damit, dass Melanie bereits das drittes Kind sei, dass die leibliche Mutter abgegeben habe.

Die Integration des Kindes in die Pflegefamilie verläuft völlig problemlos. Innerhalb kürzester Zeit entsteht eine innige Eltern-Kind-Beziehung zwischen den Pflegeeltern und Melanie, wobei das Kind sehr stark auf die Pflegemutter fixiert ist. Alle sind über diese Entwicklung sehr glücklich, bis sich nach einigen Wochen das Jugendamt meldet. Die leibliche Mutter besteht auf einem regelmäßigen Besuchsrecht und möchte Melanie wieder zurückhaben.

Zunächst darf die leibliche Mutter das Kind im 2-Wochen Rhythmus jeweils für 2 Stunden im Jugendamt sehen. Die Pflegemutter übergibt das Kind vorher einer Sozialarbeiterin, da ein direkter Kontakt zwischen der leiblichen Mutter und der Pflegemutter vermieden werden soll. Bei der Übergabe des Kindes spielen sich schlimme Szenen ab, da sich Melanie aus Kräften gegen die erzwungene Trennung von der Pflegemutter wehrt. Pflegekind und Pflegemutter leiden darunter sehr stark.

Zur leiblichen Mutter zeigt Melanie überhaupt keine emotionale Bindung, im Gegenteil, das Kind wehrt sich heftig gegen sie und weint meist während der gesamten Besuchszeit. Auch eine andere Regelung, nach der die Pflegemutter das Kind schließlich direkt an die leibliche Mutter übergibt, ändert daran nichts. Die Pflegeeltern wenden sich daher an das Jugendamt in der Hoffnung, dass die belastenden Treffen mit der leiblichen Mutter zum Wohle des Kindes eingestellt werden können. Statt dessen beschließt das Jugendamt jedoch, die Kontakte zu intensivieren und auf einen einwöchigen Besuchsrhytmus umzustellen.

Die Folge sind massive Schlafprobleme des Kindes, das fortan nur noch in den Armen seiner Pflegeeltern einschläft, die daher ihren Kinderarzt konsultieren, der sie an einen Spezialisten überweist. Dieser stellt fest, dass die Schlafstörungen und eine Angstbereitschaft des Kindes aus den erzwungenen Trennungen von der Pflegemutter resultieren. Auf entsprechende Einwendungen unter Vorlage dieses Gutachtens wird jedoch seitens des Jugendamtes nicht reagiert. Zufällig erfährt die Pflegemutter von der leiblichen Mutter, dass diese Melanie nur vorübergehend in Pflege geben wollte und vom Jugendamt eine Zusage hatte, dass Melanie baldmöglichst wieder zu ihr zurück dürfe.

Die Schwester von Melanies leiblichem Vaters stirbt im Alter von 24 Jahren unter mysteriösen Umständen. Dies hat verhängnisvolle Auswirkungen auf den „Fall Melanie“. Melanies Großmutter verkraftet den Tod ihrer Tochter nicht und versucht, Trost und Ersatz in ihrem Enkelkind zu finden. Sie unterstützt daher mit allen Mitteln eine Rückführung Melanies zu den leiblichen Eltern.

Die Schwester der Pflegemutter und deren Schwägerin machen zufällig in einer Gaststätte Bekanntschaft mit den leiblichen Eltern, die keiner Arbeit nachgehen und dem Alkohol kräftig zusprechen. Sie erfahren, dass sich die leibliche Mutter gelegentlich mit Liebesdiensten etwas Geld verdient. Doch das hierüber informierte Jugendamt ignoriert diese Informationen.

In einer Verhandlung vor dem Vormundschaftsgericht werden weder die Pflegeeltern zu den Verhaltensstörungen des Kindes noch die Schwester von Frau Eich und deren Schwägerin zu den geschilderten Ereignissen gehört. Die Anwältin der leiblichen Mutter, von der Großmutter Melanies bezahlt, stellt die Sachlage bei Gericht zu Gunsten der leiblichen Eltern in einem völlig verzerrten Licht dar. Die Entscheidung wird schließlich um ein halbes Jahr verschoben und den leiblichen Eltern eine Alkohol- und Drogentherapie zur Auflage gemacht.

Die Probleme und Sorgen mit Melanie belasten die Pflegemutter so stark, dass sie einen Nervenzusammenbruch erleidet. Ihr Arzt rät ihr dringend, im Interesse ihrer Gesundheit und ihrer Familie das Pflegekind abzugeben.

Einige Monate nach der Geburt ihres vierten Kindes, ein Sohn, zieht die leibliche Mutter mit Melanies Vater zu dessen Eltern, die eine Gaststätte und eine Bar betreiben. Obwohl die leiblichen Eltern die verordnete Therapie abbrechen und Melanie unverändert stark unter den Begegnungen mit ihrer Mutter leidet, ändert das Jugendamt daran nichts und überlässt Pflegekind und Pflegeeltern ihrem Schicksal.

Die Untätigkeit des Jugendamtes und die daraus resultierenden seelischen Belastungen für Kind und Pflegeeltern dauern schon fast eineinhalb Jahre an, als sich die Pflegeeltern entschließen, selbst aktiv zu werden. Mit Briefen an Behörden, dem Einschalten von Vertrauenspersonen und der Beauftragung eines Detektivbüros mit Ermittlungen gegen die leiblichen Eltern versuchen sie, die drohende Rückführung des Kindes zu verhindern.

Das Jugendamt schaltet als Reaktion darauf schließlich einen Diplompsychologen ein, der ein Gutachten über die Erziehungsfähigkeit der leiblichen Mutter als Entscheidungsgrundlage für eine Rückführung erstellen soll. Der Psychologe äußert sich anlässlich eines Besuches bei den Pflegeeltern, dass seinerseits keine Bedenken gegen eine Rückführung des Kindes zur leiblichen Mutter bestünden.

Die Recherchen der Detektei werfen zwar ein düsteres Bild auf die Vergangenheit der leiblichen Eltern und ihr Vorstrafenregister, allerdings liefern die aktuellen Ermittlungen diesbezüglich keine Anhaltspunkte.

Eine weitere Verhandlung vor dem Vormundschaftsgericht erbringt noch immer keine endgültige Entscheidung über den Verbleib Melanies. Diese wird erneut um ein halbes Jahr verschoben.

Die Pflegemutter bemerkt, dass die leibliche Mutter den seelischen Dauerbelastungen nicht mehr gewachsen ist und andeutungsweise zu verstehen gibt, dass sie Melanie eigentlich nicht zurückhaben möchte. Sie wird aber von Melanies Großmutter massiv gedrängt, das Kind wieder bei sich aufzunehmen. Das Bemühen um eine einvernehmliche Lösung zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern wird von ihr unterbunden.

Melanie, nun schon über 2 Jahre alt, wehrt sich immer heftiger gegen die wöchentlichen Besuche der leiblichen Mutter, vor der sie sich zu verstecken oder davonzulaufen versucht. Die leibliche Mutter leidet darunter stark. Wenige Tage vor der erneuten Verhandlung bei Gericht bricht sie schließlich aus und sucht Kontakt zur Pflegemutter. Beide Frauen, die sich über Jahre im Kampf um Melanie feindselig gegenüber standen, schließen spontan Freundschaft miteinander. Die leibliche Mutter bekundet den Pflegeeltern gegenüber ihre Absicht, das Kind für immer bei ihnen zu lassen, erhält aber von ihrer eigenen Anwältin keine Gelegenheit, dies vor Gericht zu bekräftigen. So wird die Entscheidung erneut um ein halbes Jahr verschoben und der Mutter die Absolvierung einer stationären Therapie zur Auflage gemacht.

Die Mutter tritt die Therapie in Begleitung ihres kleinen Sohnes zwar an, bricht sie aber nach einigen Wochen wieder ab und kehrt nach Hause zurück. Von dort bricht sie aus Angst vor dem leiblichen Vater, der sie körperlich misshandelt, gelegentlich für ein paar Tage aus, um dann doch wieder zurückzukehren. Eines Tages ergreift sie mit dem Sohn die Flucht ins Frauenhaus. Dort lässt sie noch in der gleichen Nacht das Kind alleine mit der Folge, dass das Jugendamt eingeschaltet wird. So wird ihr schließlich auch das vierte Kind weggenommen und in eine andere Pflegefamilie vermittelt.

Die Kontakte der leiblichen Mutter, die sich ganz von Melanies Vater getrennt hat, zu Melanies Pflegeeltern werden immer spärlicher. Nach Monaten trifft man sich zufällig wieder. Die leibliche Mutter ist in Begleitung eines wesentlich älteren Mannes. Die Kontakte werden in lockerer und freundschaftlicher Form wieder aufgenommen. Der Partner der leiblichen Mutter rät dieser schließlich, Melanie nach über drei Jahren endlich zur Adoption freizugeben.

veröffentlicht mit der freundlichen Genehmigung des Autors Raimund Eich

Juni 2007

 

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