FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Artikel / Jahrgang 2003

 

Zentralblatt für
JUGENDRECHT
Kindheit · Jugend · Familie
90. Jahrgang Heft 10/2003 Seiten 361–404

Gesetzliche Regelungen des Umgangs und deren kindgerechte Umsetzung in der Praxis des Pflegekinderwesens1

von Prof. Dr. Ludwig Salgo,
Universität/Fachhochschule Frankfurt a.M.

 

Vorbemerkung: Wir sind sehr froh, daß wir Ihnen diesen wirklich bedeutenden Vortrag Salgos bieten können, der soeben im Zentralblatt für Jugendrecht (Heft 10 / 2003) erschienen ist. Er ist sehr lang, gleichwohl von hoher Informationsdichte. Kürzungen kamen also nicht in Betracht. Wir haben uns erlaubt, durch viele Hervorhebungen seine Lektüre zu erleichtern. Wir empfehlen allen Pflegeeltern, ihn sich auszudrucken, weil er als mächtige Argumentationshilfe besonders gegenüber Jugendämtern und Familiengerichten immer wieder genutzt werden kann.
K. E. (Nov. 2003)

 

1. Gesetzliche Ausgangslage
Gesetzliche Regelungen des Umgangs von und mit Pflegekindern lassen sich dem Wortlaut des geltenden Familienrechts nicht ohne Weiteres entnehmen: Dem Wortlaut der Verfassung schon gar nicht; das Familienrecht des über hundertjährigen BGB hat erstmals im Jahre 1979 die Existenz von Kindern in Familienpflege und die Pflegeperson in den §§ 1630 Abs. 3 und 1632 Abs. 4 BGB zur Kenntnis genommen, um im Jahre 1997 diese Vorschriften zu modifizieren (§§ 1630 Abs. 3, 1632 Abs. 4 BGB2) und um einige gesetzliche Bestimmungen zu ergänzen: »Personen, bei denen das Kind längere Zeit in Familien Pflege war«, (wurde) ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes dient«, eingeräumt (§ 1685 Abs. 2 BGB). Von erheblicher Bedeutung zur Bewältigung von Alltagsfragen in Pflegefamilien ist die kraft Gesetzes den Pflegeeltern eingeräumte Entscheidungsbefugnis in Angelegenheiten des täglichen Lebens 3 (§ 1688 BGB) – eine mit dem Kindschaftsrechtsreformgesetz erfolgte Verlagerung aus dem KJHG (§ 38 a. F.). Nicht unerwähnt bleiben dürfen die mit dem SorgeRG von 1979 und die mit dem KindRG von 1997 erfolgten Erweiterungen im Verfahrensrecht mit direktem Bezug auf die Pflegeperson bzw. auf die Wegnahme des Kindes von Pflegeperson:
– »Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege, so hört das Gericht in allen die Person des Kindes betreffenden Angelegenheiten auch die Pflegeperson an, es sei denn dass davon eine Aufklärung nicht erwartet werden kann« (§ 50 c Satz 1 FGG); eingefügt 1979.
– Die Bestellung eine Verfahrenspflegers (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 FGG) für ein die Person des Kindes betreffendes Verfahren »ist in der Regel erforderlich, wenn Gegenstand des Verfahrens die Wegnahme des Kindes von der Pflegeperson ist (§ 1632 Abs. 4 BGB)«; eingefügt 19974.
Der einzige Satz in einer geltenden gesetzlichen Regelung der Bundesrepublik Deutschland mit einer expliziten Aussagen zu den Beziehungen des Pflegekindes mit seiner Herkunftsfamilie findet sich im KJHG: »Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, dass die Beziehungen des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird« (§ 37 Abs. 1 Satz 3 KJHG). Dass dennoch sowohl fundamentale Aussagen der Verfassung wie auch wichtige Regelungen im Familienrecht des BGB auch und gerade für Pflegekinder von zentraler Bedeutung sind, und zwar auch dann, wenn dies nicht unmittelbar dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen (des GG bzw. des BGB) zu entnehmen ist, dürfte nicht nur Juristen bekannt sein. Wenn der Wortlaut eines Gesetzes keine direkten Aussagen enthält, ist juristische Auslegung gefordert – hier liegen Chancen, lauern aber auch Gefahren. Der zentralen Bestimmung des Familienrechts zum Umgangsrecht, nämlich dem § 1684 BGB, ist nicht ohne Weiteres zu entnehmen, dass diese Regelung auch gilt, wenn das Kind in Familienpflege lebt – das Pflegekind bzw. die Pflegeperson, wie überhaupt das fremdplatzierte Kind, finden im Wortlaut dieser zentralen Bestimmung zum Umgangsrecht keinerlei explizite Erwähnung. Erst nach intensivem Suchen in der regierungsamtlichen Begründung zu § 1684 BGB wird man fündig: Hier finden sich zwar zunächst in den allgemeinen Begründungen wie in der Einzelbegründung sehr lange und ausführliche Bemerkungen über die Bedeutung des Umgangrechts bei Trennung und Scheidung der Kindeseltern, die im Mittelpunkt der intensiv geführten und kontroversen rechtspolitischen Debatte5 um die künftige Ausgestaltung des Umgangsrechts im Kindschaftsrechtreformgesetz (KindRG) stand, aber ganz nebenbei erfolgt in diesem offiziellen Dokument eine für die Gesetzesanwendung wichtige Aussage: »Auch gegenüber Dritten, in deren Obhut sich das Kind befindet, wird dem Elternteil, der die Sorge hat, ein Umgangsrecht zugestanden (etwa gegenüber Pflegeeltern) «6. Schon wieder ist der Jurist gefordert, um diesen Satz richtig zu verstehen: Soll ein Elternteil, der die Sorge nicht hat, kein Umgangsrecht Dritten gegenüber, bei denen sich das Kind befindet, haben? Das wiederum kann nicht gemeint sein. Denn die h. M. wie die regierungsamtliche Begründung zum KindRG gehen davon aus, dass das Umgangsrecht kein Restbestandteil der elterlichen Sorge (§ 1626 BGB) ist, sondern sich aus dem natürlichen, von der Verfassung geschützten Elternrecht ergibt; d. h. auch Eltern ohne sorgerechtliche Befugnisse (§§ 1671 Abs. 1, 1626 a Abs. 2 BGB) zusteht; denn: »Auf die Frage, wer Inhaber der Sorge ist, soll es nicht mehr ankommen«7. Sorgerechtsbeschränkungen wegen Kindeswohlgefährdung gem. §§ 1666, 1666 a BGB führen folglich noch zu keinen Umgangsbeschränkungen; solche sind einer gegenüber § 1666 BGB vorrangigen Regelung und Entscheidungsbefugnis des Familiengerichts gem. § 1684 Abs. 3, 4 vorbehalten8.

2. Der Unterschied zwischen »Scheidungs- und Pflegekindern«
Ob die in erster Linie auf Trennung und Scheidung der Kindeseltern zugeschnittene Regelung des § 1684 BGB , die davon ausgeht, dass das Kind bei einem Elternteil lebt und der andere Elternteil Umgang haben will/soll (»Pflicht und Recht«) und vor allem hier entstehende Probleme regulieren will, überhaupt auf ein nicht bei seinen Eltern, sondern bei Pflegeeltern (oder in einem Heim) lebendes Kind passt, darüber verliert die regierungsamtliche Begründung zum Kindschaftsrechtsreformgesetz (KindRG) bis auf die erwähnte Bemerkung in der regierungsamtlichen Begründung kein Wort. So scheint für den Gesetzgeber »Umgang gleich Umgang« zu sein, völlig unabhängig davon, um welche Umgangskonstellation es sich handelt. Während generell in der Familienrechtsentwicklung der letzten Jahrzehnte eher Differenzierung und Diversifikation wegen der Komplexitäten ein typisches Kennzeichen der Reformtendenzen waren – die oben erwähnten ersten gesetzlichen Regelungen zur Pflegekindschaft im Familienrecht des BGB belegen dies exemplarisch, scheint der Gesetzgeber beim Umgangsrecht im Pflegekindschaftsverhältnis »alles über einen Kamm scheren« zu wollen – nur passt diese »Messlatte« hier meistens überhaupt nicht: Gerade für Kinder, die – aus welchen Gründen auch immer – nicht mehr in ihrer Herkunftsfamilie bleiben konnten, wäre hier doch eine differenzierende gesetzliche Regelung erforderlich. Eine Rückbesinnung auf Ziele und Aufgaben des Umgangsrechts bei Trennung und Scheidung der Kindeseltern ist im hier relevanten Regelungszusammenhang nur mit erheblichen Einschränkungen zu empfehlen. Die meisten Aussagen zum Umgangsrecht, sei es in den umfangreichen Gesetzgebungsmaterialien zum KindRG, sei es in rechtswissenschaftlichen Abhandlungen, sei es in der Rechtsprechung, sind für die Situation des Pflegekindes schon deshalb inadäquat, weil sie überwiegend der Situation des Kindes im Elternstreit bei Trennung und Scheidung entstammen und deshalb nicht auf Kinder übertragen werden können, die getrennt von ihren Eltern leben (müssen). Das Pflegekind hat häufig – im Gegensatz zum Kind im Elternstreit bei Scheidung und Trennung – eine unterbrochene, oft gestörte9 , nur zu oft überhaupt keine Beziehung zu den Eltern10. Sozialrechtlich gesprochen – und die meisten Pflegekinder sind im Rahmen von »Hilfen zur Erziehung« gem. §§ 27, 33 KJHG in Familienpflege untergebracht, war eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung in der Herkunftsfamilie nicht gewährleistet (§ 27 Abs.1 KJHG) und die Fremdplatzierung des Kindes »notwendig« geworden. »Notwendig« ist hier zumeist im wortwörtlichen Sinne zu verstehen: Es bestand sehr häufig eine Notsituation, die dringender Abhilfe bedurfte, um eine nicht anders behebbare erhebliche Defizitsituation zu beenden oder abzuwenden – ohne Not keine Fremdplatzierung. Wenn auch Trennung und Scheidung für die davon betroffenen Kinder erhebliche – auch langfristige – Belastungen bedeuten können11, sind diese Kinder nicht mit der Situation des Pflegekindes vergleichbar. Die in- und ausländische Pflegekinderforschung nennt in großer Einmütigkeit eine Reihe von Inpflegegabegründen, von denen in der Regel mehrere gleichzeitig vorliegen: Vernachlässigung, Misshandlung, finanzielle oder Wohnprobleme, psychische Störungen der Eltern, Erziehungsunfähigkeit/-schwierigkeiten, emotionale Ablehnung des Kindes, Ehe-/Partnerprobleme, gravierende Eltern-Kind-Konflikte, sexueller Missbrauch, Abwesenheit/Verschwinden/Tod von Elternteilen, Alkohol- und Drogenmissbrauch oder Kriminalität12 . Diese Liste korreliert mit den von Münder13 und Mitarbeitern genannten Gefährdungslagen, bei denen gerichtliche Schutzmaßnahmen gem. §§ 1666, 1666 a BGB wegen Gefährdung des Kindeswohls notwendig waren: Die Gefährdungslagen der 318 in dieser Erhebung untersuchten, repräsentativ ausgewählten Fälle von Kindern und Jugendlichen setzten sich wie folgt zusammen, wobei auch hier Mehrfachnennungen einzelner Gefährdungslagen erfolgten:
Vernachlässigung 207 65,1 %
Seelische Misshandlung 117 36,8 %
Körperliche Misshandlung 75 23,6 %
Elternkonflikte ums Kind 75 23,6 %
Sexueller Missbrauch 53 16,7 %
Autonomiekonflikte 41 12,9 %
Sonstiges 74 23,3 %
Hierbei darf nicht übersehen werden, dass nach Schätzungen »nur« für etwa die Hälfte aller Pflegekinder in Deutschland gerichtliche Schutzmaßnahmen gem. §§ 1666, 1666 a BGB erfolgten, die andere Hälfte der Pflegekinder »freiwillig«, d. h. lediglich ohne Gerichtsbeschluss untergebracht wurde, weil zwar »eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung in der Herkunftsfamilie nicht gewährleistet « war, d. h. eines oder zumeist mehrere der genannten Inpflegegabegründe vorlagen, das Jugendamt aber glaubte aufgrund der »Verhandlungen« mit den Eltern das Gericht nicht einschalten zu müssen; d. h. dass nach Ansicht des Jugendamtes die Schwelle des § 50 Abs. 3 KJHG noch nicht erreicht schien. Nachgewiesen und in zahlreichen Untersuchungen belegt ist auch, dass die Kinder- und Jugendhilfe in Deutschland nicht leichtfertig Kinder von ihren Eltern trennt; im Gegenteil ist sie in den letzten Jahren mit dem Vorwurf konfrontiert14, zu lange zuzuwarten und auch in aussichtlosen Fällen ungeeignete ambulante Hilfeformen einzusetzen und das ganze Hilferepertoire erst mal auszuprobieren, um ja nicht fremdplatzieren zu müssen. Die regierungsamtliche Begründung zu § 33 KJHG geht davon aus, dass wegen des verstärkten Ausbaus qualifizierter ambulanter Hilfen für die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen außerhalb der eigenen Familie daher zunehmend solche Kinder und Jugendliche in Betracht kommen, die nicht mehr über familienunterstützende Hilfen erreicht werden können 15. Nur 39 Prozent der Pflegekinder kehrten wieder in ihre familiären Verhältnisse zurück (zu Eltern, zu einem Elternteil mit Stiefelternteil/Partner, zu einem allein erziehenden Elternteil, zu Großeltern/Verwandten)16. Wie stabil diese Arrangements nach Rückkehr allerdings sind, darüber gibt es keine gesicherten Erkenntnisse, doch wäre es verfehlt, davon auszugehen, dass es in diesen Fällen überhaupt keiner weiteren stationären Unterbringung mehr bedarf – dies wird etwa für die Hälfte dieser in die Herkunftsfamilie aufgenommener Minderjährigen erneut notwendig. Hinsichtlich der Rückkehrwahrscheinlichkeit in die Herkunftsfamilie vollzieht sich kein Wandel der Vollzeitpflege, hatte doch der 8. Jugendbericht bereits darauf hingewiesen, dass 60 Prozent der Pflegekinder in den Pflegefamilien bleiben und in ihnen groß werden17. Angesichts dieser Tatsachen machen Beteuerungen zum prinzipiellen Vorrang der Rückkehroption wenig Sinn, weil ausschließlich das Wohl der betroffenen Kinder und Jugendlichen ausschlaggebend ist; für sie gilt es, stabile und ihrem Wohl förderliche und auf Dauer angelegte Lebensformen zu sichern. Im Übrigen: Immer wieder wird bezüglich des Vorrangs der Rückkehroption wie des grundsätzlich bestehenden Umgangsrechts auf das Bundesverfassungsgericht verwiesen. In der ersten, für Pflegekindschaftsfälle wichtigen Entscheidung des BVerfG heißt es: »Wenn die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB bei der Wegnahme des Kindes nicht vorlagen, wird verstärkt nach Möglichkeiten gesucht werden müssen, um die behutsame Rückführung des Kindes erreichen zu können. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass § 1632 Abs. 4 BGB Entscheidungen ermöglicht, die aus der Sicht der Eltern nicht akzeptabel sind, weil sie sich in ihren Elternrechten beeinträchtigt fühlen. Die Verknüpfung von Rechten und Pflichten unterscheidet das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG von anderen Grundrechten; hierbei ist die Pflicht nicht lediglich eine das Recht begrenzende Schranke, sondern ein wesensbestimmender Bestandteil des Elternrechts «18. Wie bereits oben dargestellt, lagen bei sehr vielen Pflegekindern zum Zeitpunkt ihrer Fremdplatzierung die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB vor, auch wenn es aus unterschiedlichen Gründen nicht zu einem gerichtlichen Verfahren auf der Grundlage dieser Vorschrift gekommen ist. Bereits früher hatte das BVerfG unmissverständlich festgestellt: »Dieser Grundrechtsschutz darf aber nur für ein Handeln in Anspruch genommen werden, das bei weitester Anerkennung der Selbstverantwortlichkeit der Eltern noch als Pflege und Erziehung gewertet werden kann, nicht aber für das Gegenteil: die Vernachlässigung des Kindes. Die Verfassung macht dies durch die Verknüpfung des Rechts zur Pflege und Erziehung mit der Pflicht zu dieser Tätigkeit deutlich. Diese Pflichtenbindung unterscheidet das Elternrecht von allen anderen Grundrechten (…). In Art. 6 Abs. 2 Satz 1 sind Recht und Pflicht von vornherein unlöslich miteinander verbunden; die Pflicht ist nicht eine das Recht begrenzende Schranke, sondern ein wesensbestimmender Bestandteil dieses »Elternrechts«, das insoweit treffender als »Elternverantwortung« bezeichnet werden kann (…) Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG (…) schützt nicht diejenigen Eltern, die sich dieser Verantwortung entziehen«19. Wenn die Voraussetzungen des § 1666 Abs. 1 Satz 1 BGB, d. h. Gefährdungslagen gegeben waren oder wenn andere durch den beabsichtigten Umgang oder die beabsichtigte Herausnahme nunmehr bestehen20 – es kann sich durchaus um andere, auch neue Gefährdungsgründe als zum Zeitpunkt der ursprünglichen Intervention handeln, sind Einschränkungen des Elternrechts auf Umgang und/oder Herausgabe zulässig und geboten, weil Elternrechte nicht nur um ihrer selbst Willen bestehen, sie vielmehr immer die gebotene Rücksichtsnahme auf das Kind fordern; niemals darf ihre Ausübung in einer Kindeswohlgefährdung ausarten21 . Die bereits zitierte Untersuchung von Münder u. a. zu Interventionen wegen Kindeswohlgefährdung enthält eine weitere m. E. auch für die Behandlung von Pflegekindschaftsfällen wichtige Beobachtung über die Handlungsweise der Jugendämter im Anschluss an einen gerichtlichen Eingriff aufgrund von § 1666 BGB: »Für jeden siebenten Minderjährigen, für den Teile der Personensorge entzogen waren, gab es Überlegungen zur Rückübertragung dieser elterlichen Sorgerechte«22. Diese Verhaltensweise der Jugendämter ist nur konsequent, sie steht am Ende intensiver, oft langjähriger, jedoch gescheiterter Bemühungen um Veränderungen in der Herkunftsfamilie. Hier kann es um die Rückkehroption nicht »rosig« bestellt sein. Diese Feststellung sollte für diverse Fragen hinsichtlich der Zukunftsplanung für die betroffenen Kinder von Bedeutung sein. Inkonsequent ist hierbei nur, dass trotz dieser eindeutigen Erfahrungen und darauf gestützter Prognosen in vielen Pflegekindschaftsfällen keine jugendamtlichen Aktivitäten anzutreffen sind, um die vom Gesetz geforderte »auf Dauer angelegte Lebensform« (§§ 33 Satz 1, 37 Abs. 1 Satz 4 KJHG) zu erreichen, sondern eher Passivität das typische Kennzeichen jugendamtlichen Verhaltens ist. Das KJHG enthält zwar endlich seit 1991 diese grundsätzlich richtige und ehrliche Orientierungen, eine andere Frage ist, welchen Schwierigkeiten ihre Umsetzung in der jugendamtlichen wie gerichtlichen Praxis begegnet. Auch hinsichtlich der gesetzlich geforderten Prüfung der Möglichkeiten der Adoption in § 36 Abs. 1 Satz 2 KJHG wie auch der Verpflichtung zur Prüfung der Übertragung der Amtspflegschaft/-vormundschaft (§ 56 Abs. 4 KJHG) auf eine Einzelperson bleiben erhebliche Zweifel bezüglich der Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben.

3. Perspektiven von Pflegekindschaftsverhältnissen und die Umgangsregelung
Diese Entstehungsursachen und -bedingungen von Pflegekindschaft dürfen auch und gerade bei der Regelung des Umgangs nicht ausgeblendet werden. Ebenso wenig kann beim Pflegekind eine weitgehend störungsfreie Beziehung zu den Eltern als Regelfall unterstellt werden, sondern eher das Gegenteil. Die gesetzliche Vermutung in § 1626 Abs. 3 BGB, dass der Umgang des Kindes mit seinen Eltern seinem Wohl dient, kann für Pflegekinder nicht vorbehaltlos angenommen werden; diese Norm zielt, wie seine Entstehungsgeschichte belegt, in erster Linie auf das von Trennung und Scheidung seiner Eltern betroffene Kind und nicht auf Pflegekinder. Ohne Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen des Kindes und darauf bauender Perspektivenklärung von Pflegekindschaftsverhältnissen (im Rahmen der hier stets erforderlichen psychosoziale Diagnose23 und darauf aufbauender Hilfeplanung) kann und sollte nicht über den Umgang des Kindes mit seinen Eltern gesprochen werden. Anerkannte Wissenschaftler aus dem Bereich der Entwicklungspsychologie sowie erfahrene Praktiker der Jugendhilfe fordern hier ebenso wie in diesem Arbeitsfeld tätige und erfahrene Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen übereinstimmend eine Hierarchie der wichtigen Regulierungsaufgaben: zuerst die Regelung des generellen Aufenthalts für die Gegenwart und die Zukunft und dann die Gestaltung der Beziehung zur Herkunftsfamilie. Wie wenig dieser Grundsatz in der gerichtlichen Praxis Beachtung findet, wird an einer Entscheidung des OLG Naumburg24 deutlich: Gegenstand dieser Entscheidung ist das Umgangsrecht einer aufgrund einer vorläufigen Anordnung nicht mehr sorgeberechtigten Kindesmutter mit ihrem Kind, welches sie »unmittelbar nach der Geburt in einen Abfallcontainer verbrachte«. Auf Antrag der Kindesmutter hat das Amtsgericht sodann in einem weiteren Beschluss gleichfalls im Wege einer einstweiligen Anordnung bestimmt, dass der Kindesmutter Umgang mit ihrem Kind monatlich für mindestens zwei Stunden im Beisein Dritter zu gewähren ist. Dem Vormund des Kindes wurde gleichzeitig aufgegeben, die monatlichen Umgangskontakte zu organisieren und Zeit und Ort der Kindesmutter möglichst langfristig vorher mitzuteilen. Gegen diesen Beschluss hat das Jugend- und Sozialamt des Landkreises Beschwerde eingelegt und mit der Beschwerde die Aufhebung des Beschlusses und den Ausschluss des Umgangsrechts der Kindesmutter und die Aussetzung des Vollzugs bis zur Entscheidung des Beschwerdegerichts begehrt. In der diese Beschwerde zurückweisenden Entscheidung stellt das OLG Naumburg beiläufig fest: »Allerdings wird das Amtsgericht zu erwägen haben, ob nunmehr ein Hauptsacheverfahren nach den §§ 1666, 1666 a BGB bezüglich des Sorgerechts für das Kind einzuleiten ist, weil auch der insoweit ergangenen vorläufigen Anordnung nur zeitweilige Wirkung zukommen darf.« Offensichtlich hat das zuständige Amtsgericht es nicht für erforderlich gehalten, das Hauptsacheverfahren einzuleiten, obwohl inzwischen über 12 Monate verstrichen waren. Zu Recht stellt der Familiensenat des OLG fest: Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens des Umgangsrechts ist vom Ausgang des Ergebnisses eines Verfahrens über die Regelung des Sorgerechts abhängig. Für das »unmittelbar nach der Geburt in einen Abfallcontainer verbrachte« Kind gibt es im Grunde doch nur zwei Optionen: Entweder die Adoption oder eine Lebensperspektive mit der Mutter, die möglicherweise unter Zwang oder in Panik und größter Not so gehandelt hat; angesichts eines Neugeborenen darf es nicht so lange dauern, bis das Gericht diese Fragen abgeklärt und beantwortet hat. Und eigentlich kann in dieser ungeklärten Situation auch keine Umgangsregelung getroffen werden. Der realistische »Blick in die Vergangenheit«, d. h. in die oft schwer belastete Lebensgeschichte vieler Pflegekinder ist unausweichlich; diesen Erfahrungshintergrund auch und gerade bei der Frage der Umgangsregelung auszublenden, zu verleugnen, wäre fahrlässig und gefährlich. Warum war bei den Eltern »eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung nicht gewährleistet«? Oder: Worin bestand die Kindeswohlgefährdung, die zur Fremdplatzierung führte? Von der Beantwortung dieser u. v. a. Fragen hängt das Ob, das Wie, das Wo, das Wie lange und die Frequenz von Umgangskontakten des Pflegekindes mit seinen Eltern ab. Bei dieser schwierigen Entscheidungsfindung sollte aber auch das Jetzt, das Entstandene und die absehbare Zukunft, vor allem aber die Einstellung des Kindes zum Umgang unbedingt Berücksichtigung finden. Im Übrigen hat sich die oft zu hörende Empfehlung, die »Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen« weder bei den Scheidungs- noch bei den Pflegekindern bewährt, im Gegenteil: Das Außer-Acht-Lassen erkennbarer massiver Ängste von Kindern und Jugendlichen (aber auch solche eines Elternteils) und/oder von in Akten dokumentierter akuter Gefahren durch Gericht und/oder Behörden im Rahmen von angeordnetem bzw. betreutem Umgang endet bereits für Kinder tödlich25. In fataler Weise erinnert die Gleichbehandlung von Pflegekindern mit Scheidungskindern durch manche Gerichte, aber auch durch einzelne psychologische Berater an das in der bundesrepublikanischen Rechtsprechung über Jahrzehnte hin gerne verwendete Idiom vom »Normalkind«, das leicht vergisst, das auch deshalb sich schnell anpasst und deshalb jederzeit und ohne weiteres verpflanzt werden kann, wenn man es nur freundlich behandelt. Der Münchner Rechtswissenschaftler Michael Coester26, die Rechtswissenschaftlerin und Psychoanalytikerin Gisela Zenz27 und viele andere haben immer wieder nach diesem »Normalkind« gefahndet, mit dem man alles ohne Beeinträchtigung machen könnte. Ein solchermaßen leicht verpflanzbares Kind, mit welchem man alles jederzeit machen kann, müsste nach entwicklungspsychologischen Kriterien fast schon als gestört gelten. Diese Figur des »Normalkindes« diente dazu, sich nicht mit unangenehmen Tatsachen auseinander setzen zu müssen. Dass aber kein Pflegekind unter dieses Normalkindschema passt, belegen alle ernst zu nehmenden in- und ausländischen Untersuchungen. Dank einer allmählichen Rezeption gesicherter humanwissenschaftlicher Grundannahmen durch Gesetzgebung, Rechtsprechung und Rechtswissenschaft28, dank der auf diesem Hintergrund differenzierten Gesetzgebung, dank der hier äußerst wichtigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dank der unermüdlichen Aktivität und Aufklärung der Politik und Praxis durch die Pflegeeltern und durch ihre Verbände, nicht zuletzt auch dank der diversen Aktivitäten auch der Stiftung zum Wohle des Pflegekindes und dank des Einsatzes von auf Rechtsproblemen von Pflegekindern spezialisierten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten hatte sich doch ein differenziertes, gegenüber den Problemen von Pflegekindern offeneres Klima verbreiten können. Hinter diesen Entwicklungsstand dürfen und werden wir auch nicht zurückfallen, wenn auch zuweilen ein solcher Eindruck entstehen kann. Meines Erachtens war es zu gewissen – übrigens vorausgesagten29 – Rückschlägen in der allmählich differenzierten Behandlung von Pflegekindschaftsfällen durch Teile der Richterschaft nach In-Kraft-Treten der Kindschaftsrechtsreform zum 1. Juli 1998 gekommen. Einzelne Familienrichter behandelten – und leider muss ich sagen behandeln nach wie vor – Umgangs- und Herausgabekonflikte um Pflegekinder so als ob es sich um Konflikte um den Umgang unter getrennt lebenden oder geschiedenen Eltern handeln würde. Diese Herangehensweise hängt mit der grundsätzlich richtigen und längst überfälligen Erweiterung der Zuständigkeit des Familiengerichts zusammen30. Plötzlich waren nach dem 1. Juli 1998 teilweise auch solche Familienrichter für die Rechtsprobleme von Pflegekindern zuständig geworden, die nie zuvor mit diesem schwierigen richterlichen Betätigungsfeld in Berührung gekommen waren, weil sie zuvor nicht als Vormundschaftsrichter tätig gewesen waren. Hier begegnete man Richtern, die nicht nur nicht wussten, was ein Hilfeplan i. S. von § 36 Abs. 2 KJHG ist, denen auch die differenzierende fachgerichtliche Rechtsprechung zu Pflegekindschaftsfällen unbekannt war, von den zentralen die Pflegekindschaft betreffenden Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Pflegekindern31 ganz zu schweigen. Die Landesjustizverwaltungen hatten es verabsäumt, in »Crash-Kursen« den Familienrichtern ohne vormundschaftsrichterliche Erfahrung die Komplexität des Aufgabenzuwachses zu vermitteln. Angesichts des Befundes von Münder u. a. hätten die für Richterfortbildung zuständigen Landesjustizverwaltungen schon längst alarmiert sein müssen: »Viele RichterInnen betonen, dass sie auf die Wahrnehmung der Aufgaben einer Vormundschafts-/FamilienrichterIn nicht angemessen vorbereitet gewesen seien. Es fehle sowohl an rechtlichem als auch außerrechtlichem (sozialpädagogischem) Wissen. Die Verfahrensanforderungen an die Realisierung von Hilfen (insbesondere § 36 SGB VIII) sind den RichterInnen zumeist nicht im Einzelnen geläufig. Von daher sind sie auch nicht immer in der Lage, das einem Gerichtsverfahren vorausgehende sozialpädagogische Entscheidungsverfahren adäquat zu überprüfen«32 – dies obwohl § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB genau dies von ihnen erwartet.

4. Bedeutung und Reichweite der Umgangsregelung in § 1684 BGB für Pflegekinder
Wenn also § 1684 BGB die einschlägige Norm für Umgangsregelungen auch im Pflegekindschaftsverhältnis sein soll, wovon auszugehen ist, so führt kein Weg daran vorbei, sich auf diese Norm einzulassen. Die hier für die Praxis unumgängliche Hilfe durch die Heranziehung von Kommentierungen und Fachliteratur versagt leider weitgehend: Dort findet sich zu Umgangsregelungen und Umgangskonflikten bei Pflegekindschaftsfällen so gut wie nichts. Als Beispiel sei auf die aktuelle Auflage eines Großkommentars zum BGB verwiesen: Hier findet sich in der Kommentierung zu § 1684 BGB außer diesem Satz nichts: »Das Umgangsrecht wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass das Kind bei Pflegeeltern (…) lebt«33 . Zwar mag das für manchen eine bedeutende, vielleicht auch überraschende Aussage sein, viel hilft sie nicht weiter. Dieser Großkommentar geht ansonsten an keiner einzigen Stelle der umfangreichen Kommentierung (225 Seiten mit 454 Randnumern) auf Umgangsfragen bei Pflegekindern ein34. In den anderen Kommentaren sieht es nicht besser aus. Schon am Wortlaut von § 1684 BGB lässt sich ablesen: Die Regelung zielt auf trennungs- und scheidungsbedingte Probleme, ein Blick in die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages35 bestätigt dies eindeutig. Über die Bedeutung von § 1684 Abs. 1 BGB ist viel diskutiert und geschrieben worden: Der Gesetzgeber wurde nicht müde zu betonen, dass er vor allem auf einen Bewusstseinswandel und auf eine Signalwirkung setzt36. Um hartes mit Zwangsvollstreckung durchsetzbares Recht handelt es sich offensichtlich nicht: Weder kann das Kind den Umgang erzwingen, obwohl es ein »Recht auf Umgang mit jedem Elternteil« hat, noch führt dieses Recht des Kindes und die Pflicht jedes Elternteils zum Umgang zur Etablierung von »Eltern- bzw. »Vatereinfangdiensten « – jedenfalls bisher. Will das Pflegekind seinen Eltern oder einem Elternteil begegnen, und es kann mit Sicherheit eine hierdurch möglicherweise entstehende Gefährdung ausgeschlossen werden, so sollten Pflegeeltern das Kind hierbei unterstützen – die Mehrzahl der Pflegeeltern tut das unter diesen Umständen auch. Wie auch immer man zur gesetzlichen »Pflicht zum Umgang« der Eltern stehen mag, dem Wortlaut des Gesetzes nach (§ 1684 Abs. 1 BGB) sind Kinder jedenfalls nicht zum Umgang mit ihren Eltern verpflichtet: Hier ist nur von einem »Recht des Kindes «, nicht von einer »Pflicht« wie in Halbsatz 2 bei den Eltern die Rede. Die Ablehnung des Umgangs durch das Pflegekind ist in jedem Fall erst mal insoweit beachtlich, als dass diese ablehnende Haltung sehr ernst genommen werden muss und in den allermeisten Fällen der Ausübung des Umgangsrechts entgegenstehen dürfte; ein Umgangsrecht kann nicht gegen den nachvollziehbaren Willen des Kindes durchgesetzt werden . Minderjährige Kinder stehen verfassungsrechtlich nicht in einem Pflicht-Recht-Verhältnis zu ihren Eltern wie umgekehrt die Eltern (Art. 6 Abs. 2 GG) ihren minderjährigen Kindern gegenüber. Das verfassungsrechtlich verbürgte Recht des Kindes auf Achtung seiner Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und sein Recht auf Entwicklung zu einer selbstbestimmten Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG berechtigen das Kind zu einer ablehnenden Haltung. Die Beachtung des Kindeswillens in einem solchen Fall dient zugleich seinem Wohl: Die Durchsetzung eines elterlichen Umgangsrechts gegen den erklärten Kindeswillen würde auch das Wohl des Kindes schwerstens beeinträchtigen37. Unter den genannten Umständen lässt sich aus diesen Gründen eine Umgangspflicht des Kindes auch nicht aus § 1618 a BGB herleiten38. Im Übrigen: Auf das »Gegenseitkeitsprinzip« kann sich nicht berufen, wer seine eigenen Pflichten nicht zu erfüllen vermag und seine Pflichten verletzt hat – ein das gesamte Familienrecht durchziehender Rechtsgedanke39; zudem besteht zwischen Eltern und minderjährigen Kindern keine Parität. Auf die Wille-Wohl-Problematik kann hier nicht näher eingegangen werden. Auf die für solche Fragen äußerst hilfreiche Arbeit von Maud Zitelmann, »Kindeswohl und Kindeswille im Spannungsfeld von Pädagogik und Recht«40 muss verwiesen werden: Einerseits: Der subjektive Wille des Kindes kann bei der Konkretisierung seines Wohls nicht unberücksichtigt bleiben41 . Andererseits: Es gibt Fallkonstellationen, in denen dem Wunsch des Kindes nach Umgang nicht oder noch nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen entsprochen werden kann42 ; gerade unter den Pflegekindern finden sich solche Fallkonstellationen. Nachfolgend ein Zitat aus einem in veröffentlichten Brief43 eines 11 Jahre alten Pflegekindes »An den Herrn Richter«: »Meine Pflegeeltern sagten mir, ich soll mal an meine Mutter schreiben, wie es mir geht und was ich in meiner Freizeit mache. Aber ich finde, das geht sie nichts an. Sie soll mich endlich meine Ruhe lassen. Darum schreibe ich an Sie. Warum versteht mich meine Mutter nicht? Ich will endlich meine Ruhe von ihr und der ganzen Familie. Sie will mir wahrscheinlich wirklich meine Zukunft verbauen. Ich habe von ihren Schlägen und Wutausbrüchen genug. Sie soll mal nachdenken, wie oft sie mich geschlagen hat und danach Alkohol getrunken hat. Fast täglich hat sie mich geschlagen. Vielleicht will ich sie mal in zehntausend Jahren sehen. Mir ist in diesen drei Jahren klar geworden, dass meine Mutter keine normale Mutter ist, denn eine Mutter, die ihr Kind liebt, schlägt es nicht täglich. Endlich habe ich Eltern gefunden, die mich wirklich lieben.« Auch § 1684 Abs. 2 Satz 1 BGB zielt auf die im Streit befindlichen Eltern: Die sog. Wohlverhaltensklausel verpflichtet sie zu loyalem Verhalten. § 1684 Abs. 2 Satz 2 BGB verpflichtet auch andere Personen, in deren Obhut sich das Kind befindet zu loyalem Verhalten den Eltern gegenüber wie umgekehrt die Eltern zu loyalem Verhalten diesen Personen gegenüber verpflichtet sind. Einvernehmen besteht darüber, dass dieses Wohlverhaltensgebot auch im Verhältnis von Eltern zu Pflegeeltern und umgekehrt gelten soll. Auf den ersten Blick hört sich das alles nur vernünftig an. Ob die Wohlverhaltensklausel44 was nützt, ist eine andere Frage. Von denen, bei denen sie nützt, erfährt man nichts, man erfährt gewöhnlich nur über die, die sich nicht daran halten. Also nützt sie bei einigen Eltern und Pflegeeltern, ansonsten kann sie ja wohl nichts schaden. Bei näherer Betrachtung kommt man ins Grübeln: Welche Pflichten ergeben sich denn für Pflegeeltern aus der Wohlverhaltensklausel gegenüber Eltern, welche, z. B. wie die Mutter der Briefschreiberin, dieses Kind misshandelt haben. Nun gut: Schlecht machen dürfen die Pflegeeltern auch diese Mutter nicht. Nur: hier beginnen die Probleme bereits. Pflegeeltern sollen eine akzeptierende von gegenseitigem Verständnis und Achtung geprägte Beziehung den leiblichen Eltern gegenüber entwickeln, die es dem Kind ermöglicht, ohne Loyalitätskonflikte positive Beziehungen zu Pflegeeltern und leiblichen Eltern zu entwickeln. Diese bereits von Wissenschaftlern45 und erfahrenen Praktikern46 kritisierte Verhaltenserwartung, aber auch eine immer wieder von Pflegeeltern abverlangte neutrale Haltung, kann sich verheerend auf das Kind auswirken: Es ist eine unehrliche So-tun-alsob-Strategie , eine Doppelmoral, eine Unehrlichkeit. All dies hat sich in persönlichen Beziehungen, vor allem aber in Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern noch nie bewährt: Kinder merken am schnellsten, wenn man ihnen etwas vormacht. Bei den Kindern, um die es hier geht, kommt noch etwas Fatales hinzu: Die Verleugnung von für sie äußerst bedrohlichen Situationen, das Abstreiten seitens ihrer Eltern, eine dadurch entstandene Verwirrung und Beeinträchtigung ihres Realitätssinns ist für viele Pflegekinder ein leider nur allzu vertrautes Muster ihrer Lebensgeschichte. Soll dieses Muster sich trotz Aufwachsens an einem Lebensort, wo die Bedrohungen und Gefährdungen ein Ende zu haben schienen, fortsetzen? Hier soll eine fragwürdige Einstellung aus der sich modern und akzeptierend nennenden Sozialarbeit und Sozialpädagogik auf dieses sensible Verhältnis zwischen Pflegekind und Pflegeeltern übertragen werden. Unehrlichkeit hat sich aber noch in keinem sozialpädagogischen Handlungsfeld bewährt. Man müsse die Menschen akzeptieren wie sie sind, sie dort abholen, wo sie sind. Das »Abholenmüssen« lässt vielleicht noch hoffen. Der Sozialarbeiter, der mit Skinheads und Neonazis arbeitet, muss deshalb noch keine Reichskriegsflaggen mit den Klienten anfertigen und mit ihnen zu ihren Aufmärschen ziehen. Was ist wohl gemeint, wenn in einer jüngst veröffentlichten Dissertation ein namhafter Sozialpädagoge im Verhältnis zur Herkunftsfamilie des Pflegekindes den sozialpädagogischen Fachkräften anempfiehlt, »sich auf andere Lebenskontexte einzulassen, sie nicht zu bewerten«47. Im Osnabrücker-Fall führte eine solche Haltung des Nichtbewertens trotz dringender ärztlicher Warnungen zum
Tod eines Kindes48 . Was nützen alle gesetzgeberischen Bemühungen wie etwa mit dem »Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung«49 oder des »Gewaltschutzgesetzes«50, wenn nicht alle, seien es Eltern, Pflegeeltern, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Richter, Lehrer, Hochschullehrer, Vorschulpädagogen und Wissenschaftler für sämtliche pädagogische Situationen Unrecht als Unrecht und Gewalt als Gewalt brandmarken, von wem auch immer solches ausgeht, sei es von den Eltern. Die Verfassung fordert geradezu eine solche Bewertung und erforderlichenfalls ein Tätigwerden der staatlichen Gemeinschaft, die über die Betätigung der Eltern wacht (Art. 6 Abs. 2 GG) – eine neutrale Haltung ist dem Staat und seinen Organen, wenn es um Fragen des Kindeswohls geht, versagt. Dabei muss es sich nicht um Gewalt und Unrecht direkt gegenüber dem Kind handeln, es reicht aus, dass ein Kind Zeuge von familialer Gewalt war51; dies darf nicht übersehen, übergangen oder gar verleugnet werden – schon gar nicht beim Kind, welches eben wegen solcher Ereignisse fremdplatziert werden musste. Schon beim Kind aus Trennung und Scheidung ist es mit der Wohlverhaltensklausel (§ 1684 Abs. 2 BGB) nicht so einfach, soll denn die Mutter dem Kind nicht sagen dürfen, dass sie dem Kind deshalb keine neuen Schuhe oder keine Kinokarte kaufen oder nicht mit ihm in den Urlaub fahren kann, weil der Vater keinen Unterhalt bezahlt? Wollen Eltern oder Elternteile den Kindern gegenüber glaubwürdig bleiben, so stößt die hier geforderte Loyalitätspflicht eindeutig an Grenzen, erst Recht im Pflegekindschaftsverhältnis; früher oder später taucht u. a. die Frage auf: »Warum konnte ich nicht bei meinen Eltern bleiben?« »Warum setzten mich meine (Pflege-)Eltern immer wieder solchen für mich beängstigenden Situationen voller Stress aus? Können sie mich nicht schützen?« Wollen Pflegeeltern glaubwürdig bleiben – generell wird für pädagogische Beziehung Authentizität empfohlen, werden sie wahrheitsgemäße Antworten dem Kind gegenüber schulden – ohne die Eltern »schlecht zu machen«, sofern sie über die entsprechenden Informationen überhaupt verfügen – das gilt gleichermaßen für Eltern wie Sozialpädagogen. Die Pflegeeltern der Briefschreiberin werden eine eindeutige Haltung dem Kind gegenüber einnehmen müssen, sonst werden sie als Pflegeeltern unglaubwürdig. Liegt nicht in dieser Unglaubwürdigkeit der Welt der Erwachsenen, in der überall verbreiteten Doppelmoral, im Verleugnen von Tatsachen, in diesem So-tun-als-ob die Ursache vieler Probleme unserer heutigen Gesellschaft – und auch das Hauptproblem des Pflegekinderwesens in Deutschland?!

5. Die Umgangsregelung nach § 1684 Abs. 3 und 4 BGB bei Pflegekindern
Es bleibt bei aller Umgangsbetontheit des KindRG dabei, dass Umgang weiterhin immer auszuschließen ist, wenn dieser zu Gefährdungen des Kindes führt. Simitis hatte bereits 1974 die hohe Hürde der Rechtsprechung für Umgangsbeschränkungen kritisiert: »Angst vor dem Besuch muss erst zum ernsten psychopathologischen Symptom werden, um Zweifel an der weiteren Ausübung des Rechts zu legitimieren. Restriktiver kann die Interpretation des Kindeswohls kaum ausfallen«52 . Ob die gesetzliche Schwelle für den Ausschluss oder für die Einschränkung des Umgangs mit § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB durch das KindRG erhöht wurde, lässt sich bei Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Umgangsbeschränkung bezweifeln; der Gesetzgeber hat hier lediglich die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in den Gesetzestext formuliert53. Fest steht aber, dass hier wiederum trennungs- und scheidungsbedingte Umgangskonflikte im Mittelpunkt dieser Rechtsprechung und auch im Fokus des Gesetzgebers waren – nicht Pflegekinder. Dem Gesetzgeber zu unterstellen, er wollte durch forcierten Umgang bereits traumatisierte Pflegekinder54 weiteren Verletzungen aussetzen, wäre unredlich. Forcierter Umgang kann bei schwer beeinträchtigten und traumatisierten Kindern sogar einen zusätzlichen »Risikofaktor im Hinblick auf die gelingende Bewältigung ihrer vielfältigen Entwicklungsstörungen« bedeuten55. Auf die Gefahren von retraumatisierenden Umgangskontakten für die Gehirnentwicklung macht die jüngste Traumaforschung aufmerksam56. Auch das Bundesverfassungsgericht hat vor kurzem vor den Folgen einer Traumatiserung des Kindes gewarnt: »Es ist daher aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, bei einer Entscheidung nach §§ 1666, 1666 a BGB die Tragweite einer Trennung des Kindes von seiner Pflegefamilie – unter Berücksichtigung der Intensität entstandener Bindungen – einzubeziehen und die Erziehungsfähigkeit der Beschwerdeführerin auch im Hinblick auf ihre Eignung zu berücksichtigen, die negativen Folgen einer eventuellen Traumatisierung des Kindes gering zu halten. Nur so tragen die Instanzgerichte neben dem Elternrecht der Beschwerdeführerin aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Kindes aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 24, 119 [144]) und der Grundrechtsposition der Pflegefamilie aus Art. 6 Abs. 1 und 3 GG Rechnung (vgl. BVerfGE 68, 176 [189]; 79, 51 [60])« 57. Nicht anders sind die möglichen Gefährdungen von bereits traumatiserten Kinder im Umgangskontext zu behandeln. Auf diesem Hintergrund gerät »die Überzeugung von der Sinnhaftigkeit der Aufrechterhaltung der Kontakte«58 bei bereits traumatisierten Kindern unter erheblichen Rechtfertigungszwang. Alle bereits aufgezählten Gründe für die Fremdplatzierung müssen folglich strengstens daraufhin überprüft werden, ob sie Aus- und Nachwirkungen auf die Umgangssituation haben werden. In einer materialreichen und sensiblen Abhandlung mit dem Titel »Umgangskontakte und Kindeswohl von Pflegekindern«59 beschreibt Rechtsanwältin Doukkani-Bördner eine fatale, immer wieder anzutreffende Einstellung unter den Akteuren: »Solange die Verletzungen und Beeinträchtigungen des Kindes sichtbar sind, steht das Wohl des Kindes bei den beteiligten Richtern, Jugendämtern und anderen Helfern an erster Stelle. Sobald aber für das Kind in der Pflegefamilie eine Verbesserung seiner Situation eingetreten ist und es sich körperlich und seelisch zu erholen beginnt, verlagert sich das Mitgefühl der beteiligten Ämter und Gerichte schnell auf die leiblichen Eltern, deren äußere Situation in der Regel wesentlich schwieriger ist als die der Pflegefamilie. Hier sollen dann nach der Vorstellung mancher Jugendämter, Richter oder sogar Gutachter möglichst häufige Besuchskontakte mit dem Pflegekind helfen, die psychische Not der Herkunftsfamilie zu lindern.« Das KindRG wollte nachweislich die Anzahl und Notwendigkeit der Fälle von Umgangsausschluss oder Umgangsbeschränkung bei »Scheidungskindern« begrenzen, zu Möglichkeiten und Grenzen des Umgangs mit wegen Gefährdungen fremdplatzierten Kindern hat sich der Gesetzgeber nicht geäußert, schon gar nicht kann ihm unterstellt werden, er habe auch für diese Fallkonstellationen die Schwelle für Beschränkungen des Umgangs erhöhen wollen. Jeder, der das Gegenteil behauptet, möge die entsprechenden Belege vorlegen. Es bleibt dabei: Kindeswohlgefährdungen beim und durch den Umgang müssen i. d. R. zum Ausschluss des Umgangs führen. Leider verfügen wir in der Bundesrepublik zur Praxis der Gerichte bei Umgangsregelungen im Pflegekinderbereich über keine repräsentativen Erhebungen. Manche Gerichte weichen, wie aus der Praxis berichtet wird, dieser sicherlich nur schwer zu treffenden Entscheidung aus, indem sie »betreuten Umgang « auch in solchen Fällen anordnen, die früher eindeutig zum Umgangsausschluss geführt hätten; andere Gerichte stellen – wie noch zu zeigen sein wird – auch im Umgangskontext das Wohl des Kindes und nicht die Bedürfnisse der erwachsenen Beteiligten des Verfahrens in den Mittelpunkt. Sicherlich ist es äußerst belastend für den Richter60, Eltern gegenüber den Umgang auszuschließen. Mit diesen psychischen Belastungen der professionellen Akteure dürften viele der aus Kindeswohlgründen an sich unzulässigen »Kompromisse« in der familiengerichtlichen Praxis nach dem Motto »die Eltern kriegen zwar das Kind nicht, ein Umgang muss ihnen aber (zum Ausgleich) eingeräumt werden« zusammenhängen. Hinzu treten die in der beruflichen Sozialisation von Juristen prägenden Gerechtigkeitsideale; eine dieser Gerechtigkeitsvorstellungen findet sich in der »verteilenden Gerechtigkeit« (jus distributiva); die Justitia wird in Allegorien häufig als nicht sehend61, mit der Waage und mit dem Schwert dargestellt. Im Bereich vermögensrechtlicher Streitigkeiten, die ja die Ausbildung von Juristen im Zivilrecht beherrschen, mag dieses Gerechtigkeitsideal zu von den Streitenden leichter zu akzeptierenden Kompromissen beitragen: Jeder bekommt etwas, wenn auch nicht soviel wie gedacht. Keiner soll sich als Verlierer, jeder am Ende des Verfahrens als Gewinner sehen (sog. Win-Win-Situation). Dies mag bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten tatsächlich dem Rechtsfrieden dienen und Kompromisse erleichtern. Es geht in zivilrechtlichen Kindesschutzverfahren hingegen, wie schon die Bezeichnung dieser Verfahren besagt, häufig nicht um die Herstellung von »Gerechtigkeit« im herkömmlichen Sinne; die klassischen zivilrechtlichen Instrumentarien zur Kompensation sind hier verwehrt62; es geht meistens um die schwierige Suche nach der »am wenigsten schädlichen Alternative«63, eine Formel, die darauf hinweist, »dass das betreffende Kind bereits ein Opfer seiner sozialen Umweltbedingungen geworden ist, dass es in hohem Maße gefährdet ist, und dass schnelles Handeln geboten erscheint, damit weiterer Schaden von der gesunden psychischen Entwicklung abgewendet werden kann«64. In zivilrechtlichen Kindesschutzverfahren – einem mit guten Gründen von der Inquisitionsmaxime gem. § 12 FGG bestimmten Verfahren – gibt es nur ein Ideal und Ziel des Verfahrens: Bei Entscheidungen »im Bereich des Art. 6 Abs. 2 GG (bildet) das Wohl des Kindes immer den Richtpunkt, sodass bei Interessenkollisionen zwischen dem Kind und seinen Eltern sowie den Pflegeeltern das Kindeswohl letztlich bestimmend sein muss. (…) Es ist nicht auszuschließen, dass (…) Entscheidungen (ergehen), die aus der Sicht der Eltern nicht akzeptabel sind, weil sie sich in ihrem Elternrecht beeinträchtigt fühlen. Die Verknüpfung von Rechten und Pflichten unterscheidet das Elternrecht des Art. 6 Abs. 2 GG von anderen Grundrechten; hierbei ist die Pflicht nicht lediglich eine das Recht begrenzende Schranke, sondern ein wesensbestimmender Bestandteil des Elternrechts«65. Mitleid mit den Eltern ist menschlich verständlich, aber ein schlechter Ratgeber für die richterliche Entscheidung und für das Handeln von Jugendämtern. Um mit Belastungen dieser u. ä. Art besser umgehen zu können, sollten Familien- und Vormundschaftsrichter bzw. Mitarbeiter der Kinder- und Jugendbehörden die notwendige Unterstützung etwa in Balint- oder Supervisionsgruppen erfahren. Auf diese belastende Entscheidungssituation haben bereits Goldstein und Mitautoren hingewiesen: »Gute professionelle Arbeit (erfordert) in gleicher Weise Menschlichkeit und Fachlichkeit. Mit anderen Worten: Der gute Professionelle muss im Kindesunterbringungsverfahren sowohl einfühlsam als auch realistisch sein. Diese Eigenschaften widersprechen sich nicht, sondern ergänzen einander. Ein Professioneller, dessen flinke Sympathie die Durchführung unangenehmer, aber notwendiger Entscheidungen behindert, ist weder realistisch noch einfühlsam. Ein Experte, der harte Entscheidungen trifft und sie mit Güte und Verständnis dem betroffenen Erwachsenen und dem Kind gegenüber durchsetzt, ist beides. Das einfühlende Element beruht auf der Fähigkeit professionell Handelnder, Emotionen zuzulassen, ohne sich selbst oder jene, denen sie dienen auszubeuten – und sie versprechen oder implizieren nicht mehr, als sie einhalten können oder wollen.«66 »Betreuter Umgang« kommt m. E., wenn Kindeswohlgefährdungen nicht mit Sicherheit auszuschließen sind, meistens nicht in Betracht – im Übrigen auch nur unter besonderen Umständen und bei Gewährleistung optimaler Rahmenbedingungen in personeller, räumlicher und sicherheitsrelevanter Hinsicht und immer nur bei Einverständnis des Kindes. Die Sicherheitsfragen beim betreuten Umgang sind manchem leider erst nach einer Tötung eines Kindes beim Betreuten Umgang in den Sinn gekommen: »Ein Vater hat am Dienstagabend im Schweriner Jugend- und Sozialamt sein eigenes Kind getötet«67. Für alle gerichtlich ausgetragenen Streitigkeiten dieser Art bedarf es einer für solche Fragen qualifizierten, unabhängigen und sensiblen Interessenvertretung durch eine(n) Verfahrenspfleger(in)68; eines(er) Verfahrenspflegers (in), der/die das Kind z. B. auch zur richterlichen Kindesanhörung begleitet69. Im Handbuch Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche befasst sich Gisela Zenz70 in einem Kapitel ausschließlich mit »Konflikte(n) um Pflegekinder«. Zweifelsohne: Nicht nur traumatisierte und/oder schwer vernachlässigte Kinder leben bei Pflegeeltern und zweitens: es bestehen auch funktionierende Kontakte zwischen Pflegekindern und ihren Eltern ohne Schwierigkeiten. Beiden Aussagen kann nicht widersprochen werden. Nur in welchen Fallkonstellationen und unter welchen Umständen gibt es solche positiven Verläufe? Auch hier wären repräsentative Realitätsbeschreibungen gerade von positiv verlaufenden Umgangskontakten zwischen Pflegekindern mit ihren Herkunftsfamilien hilfreich. Eine der wichtigsten und bereits genannten Voraussetzungen für möglichst wenig verunsichernde Kontakte ist die Klarheit hinsichtlich der Zukunftsperspektiven des Pflegeverhältnisses71. Die geforderte »Hierarchie der wichtigen Regelungsaufgaben« fordert hier eindeutig, zuerst den generellen Aufenthalt zu regeln und mittel- und langfristige Perspektiven so gut es überhaupt geht, zu klären. Handelt es sich um einen Fall ohne traumatisierende Erfahrungen auf Seiten des Kindes72, um einen vorübergehenden Ausfall von Eltern wegen Krankheit o. Ä., dann kommt dem Umgang eine zentrale Bedeutung zu, die oben beschriebenen Gefährdungen durch Umgang sind kein Thema: Wenn überhaupt ein solches Kind fremdplatziert werden muss – warum finden sich keine Lösungen in Verwandschaft oder Nachbarschaft?, dann ist es räumlich und sozial so nahe wie nur möglich am Herkunftsmilieu zu platzieren; je mehr und je häufiger es Umgang hat, umso besser und umso größer sind die Chancen einer alsbaldigen Realisierbarkeit der Rückkehroption: Die Herkunftsfamilie sollte sobald wie möglich alle Elternfunktionen nach und nach von den Pflegeeltern übernehmen73 , vielleicht kann sie partiell trotz der Notwendigkeit vorübergehender Unterbringung manche Elternaufgabe behalten und wahrnehmen. Funktionierender Umgang ist hier der beste Schlüsselindikator für die zu erwartende alsbaldige Übernahme sämtlicher Elternaufgaben74. »Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, dass die Beziehung des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird« (§ 37 Abs. 1 Satz 3 KJHG). Über die Gestaltung eines solchen Konzepts und ihres gelingenden Ausgangs kann man vieles im Dokumentarfilm »Jane« des Ehepaares James und Joyce Robertson75 unmittelbar miterleben. Es gibt auch zahlreiche positiv verlaufende Umgangskontakte bei auf Dauer angelegten Pflegekindschaftsverhältnissen. Das Geheimnis hier ist banal: Hier handelt es sich nicht um traumatisierte oder schwer vernachlässigte Kinder und vor allem wurde in diesen Fällen die »Hierarchie der wichtigen Regelungsaufgaben« beachtet, d. h. es herrscht Einigkeit zwischen Eltern, Pflegeeltern, Jugendbehörde, ggf. Gericht und Kind über die Zukunftsperspektive des Pflegeverhältnisses. Zu dieser Klarheit und Transparenz und zur Beendigung der Doppelmoral, die immer auf dem Rücken des Kindes ausgetragen wird (»du bleibst auf Dauer bei uns« – »du bist bald wieder bei mir«), fordert das seit 1991 geltende KJHG unmissverständlich auf.

6. Über die Interdependenz zwischen Familien- und Sozialrecht
Eine isolierte zivilrechtliche Betrachtung der Pflegekindschaft – und auch des Umgangs von Pflegekindern mit ihren Herkunftsfamilien – macht angesichts ihres komplexen Entstehungszusammenhangs wenig Sinn. In der fachgerichtlichen Entscheidungspraxis des zivilrechtlichen Kindesschutzes wie in den vom BVerfG entschiedenen Fällen spielen sozialrechtlich indizierte Aktivitäten der Kinder und Jugendbehörden bzw. die Unterlassungen solcher eine ständig wachsende Rolle. Wenn auch zivilrechtlicher Kindesschutz und sozialrechtliche Ausgestaltung im KJHG eigenständige Regelungsbereiche bilden, zeigt sich gerade an der Pflegekindschaft , dass sie genau an der Schnittstelle zwischen bürgerlichem und öffentlichem Recht76 steht. Trotz der durch das KJHG verdeutlichten Selbständigkeit der Jugendämter sind diese – wie umgekehrt auch die Gerichte – auf eine Kooperation angewiesen. So hat das Familiengericht (FamG) etwa zu prüfen, ob die Trennung des Kindes von der elterlichen Familie nicht durch öffentliche Hilfen vermieden werden kann77; hierbei ist das FamG in die Verantwortung für die Folgemaßnahmen einbezogen (§ 1696); die richterlichen Entscheidungen müssen die reale Substanz der Eingriffe erfassen und verantworten78. Auch das Jugendamt ist in die gerichtlichen Verfahren involviert: Es unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte hinsichtlich der Entwicklung des Kindes in das gerichtliche Verfahren ein, hat auf weitere Hilfsmöglichkeiten hinzuweisen und, falls es zur Abwendung einer Gefährdung des Kindeswohls das Tätigwerden des Gerichts für erforderlich hält, dieses zu unterstützen und anzurufen (§ 50 Abs. 2 und Abs. 3 KJHG). Für die Entscheidung über eine Intervention des FamG gem. §§ 1632 Abs. 4, 1666 Abs. 1, 1684 Abs. 4 BGB sind die sozialrechtlichen Regelungen des KJHG (§§ 17, 18, 27, 33, 36, 37, 38) von zentraler Bedeutung, auch wenn das KJHG im Gegensatz zum JWG – bis auf die Möglichkeiten des vorläufigen Kindesschutzes gem. §§ 42, 43 KJHG – keine Eingriffsmöglichkeiten in die sorgerechtlichen Kompetenzen von Eltern mehr kennt79. Dies ist nicht überraschend: Durch den verstärkten Ausbau qualifizierter ambulanter Erziehungshilfen wird ein immer größerer Teil früherer Unterbringungen in Dauerpflege substitutiert. Für eine Unterbringung von Kindern und Jugendlichen außerhalb der eigenen Familie kommen – wie bereits oben erwähnt – daher zunehmend solche Kinder und Jugendliche in Betracht, die nicht mehr über familienunterstützende Hilfen des KJHG erreicht werden können80. Auch für die Entstehung der einschlägigen Bestimmungen des KJHG – wie schon für § 1632 Abs. 4 BGB – waren die Erkenntnisse um die Trennungsempfindlichkeit von Kindern und die verfassungsrechtlich prekäre Konstellation zwischen Elternrecht und Kindeswohl und die besondere dem Staat zukommende Funktion in Ausübung seines Wächteramtes von zentraler Bedeutung. Das KJHG nimmt für die öffentliche Jugendhilfe in Anspruch, nachdem wegen der Komplexität der Familienpflege eine umfassende Regelung im Familienrecht des BGB nicht zustande gekommen war, die sich aus dem Auseinanderfallen von rechtlicher und sozialer Zugehörigkeit ergebenden Unsicherheiten und Unklarheiten soweit wie möglich aufzufangen und zur Bewältigung der komplexen Problematik an den Bedürfnissen der Minderjährigen orientierte Konzepte und Strategien einzusetzen81. Die Rechtsordnung kann nicht darüber hinwegsehen, dass im Ablauf der Zeit »die personale Substanz des Kindschaftsverhältnisses gegenüber den leiblichen Eltern zerfällt und sich gegenüber den Pflegeeltern entfaltet« 82. Unter anderem auf diesen Umstand (auf mögliche Folgen für die Entwicklung des Kindes) hinzuweisen, gehört gem. § 36 Abs. 1 Satz 1 KJHG zu den Pflichtaufgaben der Jugendhilfe. In Wahrnehmung des staatlichen Wächteramtes wie unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes des Elternrechts setzt das KJHG zunächst auf die Vermeidung von Fremdplatzierung mittels Hilfen im Elternhaus, sodann bei deren Unvermeidbarkeit auf die alsbaldige ungefährdete Rückkehr (Vorrang der Rückkehroption bei nicht mehr vorhandener Gefährdung und grundsätzlicher Fähigkeit und Eignung der Eltern zu Pflege und Erziehung) und erst bei Scheitern dieser Option, aber auch bei Aussichtslosigkeit einer Veränderung in der Herkunftsfamilie83, auf die Sicherung dauerhafter Lebensumstände außerhalb des Herkunftsmilieus. Wegen der Grundrechtsrelevanz von Fremdplatzierung erfährt mit dem KJHG der gesamte Prozess der Intervention der Kinder- und Jugendbehörde eine gesteigerte Aufmerksamkeit des Gesetzgebers: Das KJHG als modernes Leistungsgesetz ist in diesem Bereich von der Philosophie der zeitgerichteten, zielgerichteten und geplanten Intervention bestimmt84 . Wie in keiner deutschen Regelung zuvor, erfährt der kindliche Zeitbegriff85 nach seiner ersten gesetzgeberischen Berücksichtigung im SorgeRG mit § 1632 Abs. 4 BGB im Kinder- und Jugendhilfegesetz von 1991 eine weitere herausragende Berücksichtigung: Das KJHG stellt in seinem § 33 die sorgeberechtigten Eltern wie Mitarbeiter des Jugendamtes vor die Alternative, dass Vollzeitpflege entweder eine »zeitlich befristete Erziehungshilfe« oder »eine auf Dauer angelegte Lebensform« ist. Durch eine Vielzahl von Aktivitäten der Behörde und/oder freier Träger der Jugendhilfe sollen »die Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen vertretbaren Zeitraums so weit verbessert werden, dass sie das Kind oder den Jugendlichen wieder selbst erziehen kann« (§ 37 Abs. 1 Satz 2 KJHG). »Während dieser Zeit soll durch begleitende Beratung und Unterstützung der Familien darauf hingewirkt werden, dass die Beziehungen des Kindes oder Jugendlichen zur Herkunftsfamilie gefördert wird« (§ 37 Abs. 1 Satz 3 KJHG). Wie schon gesagt: Dieser Satz ist die einzige explizite gesetzliche Aussagen zum Umgang des Pflegekindes mit seiner Herkunftsfamilie. Das KJHG zieht aber auch die Konsequenzen eines Scheiterns solcher Bemühungen: Ist eine nachhaltige Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie innerhalb dieses Zeitraums nicht erreichbar, so soll mit den beteiligten Personen eine andere, dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen förderliche und auf Dauer angelegte Lebensperspektive erarbeitet werden (§ 37 Abs. 1 Satz 4 KJHG). In diesen Kontext gehören die durch das KJHG gesetzlich verankerten Verpflichtungen zur Überprüfung der Möglichkeiten einer Adoption (§ 36 Abs. 1, Satz 2 KJHG) und der Einzelvormundschaft/-pflegschaft (§ 56 Abs. 4 KJHG). Als zentrales Koordinierungsinstrument des KJHG zur Abstimmung und Feststellung von Hilfebedarf und Leistungserbringung dient der gem. § 36 Abs. 2 Satz 2 KJHG zu erstellende Hilfeplan. Wegen der besonderen Schwierigkeiten solcher Entscheidungen schreibt das KJHG (§ 36 Abs. 2 Satz 1) vor, die Entscheidung im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte zu treffen86. Auch wenn es sich beim Hilfeplan um ein jugendhilferechtliches Instrument handelt, sind gerade für den zivilrechtlichen Kindesschutz die vom Jugendamt verfolgten Zielperspektiven, die erbrachten und angebotenen Leistungen (§ 1666 a BGB; § 50 Abs. 2 KJHG) und nicht zuletzt die zeitliche Dimensionierung der Intervention Kriterien von zentraler Bedeutung. Gerichtliche und jugendhilferechtliche Intervention stehen hier in einer starken Interdependenz87 . Wenn auch – im Gegensatz zu ausländischen Regelungen – in der Bundesrepublik bedauerlicherweise eine direkte gesetzliche Verknüpfung von Hilfeplanung und gerichtlicher Intervention bislang vermieden worden ist, besteht ein unbestreitbarer Zusammenhang zwischen der Vollzeitpflege i. S. von § 33 KJHG und den gerichtlichen Kindesschutzmaßnahmen , wenn zur Abwendung einer Gefährdung des Wohls des Kindes das Jugendamt ein gerichtliches Tätigwerden für erforderlich hält (§ 50 Abs. 1 und 3 KJHG) und in der Folge das Kind fremdplatziert wird, oder wenn das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson im Rahmen der §§ 1632 Abs. 4, 1684 Abs. 4 BGB tätig wird. Aus § 50 Abs. 2 und 3 KJHG sowie aus den §§ 1666, 1666 a, 1696 BGB ergibt sich die Verpflichtung der Kinder- und Jugendbehörde zur Vorlage des Hilfeplans beim Gericht; – soweit eine einstweilige Anordnung getroffen werden muss, ist der Hilfeplan88 unverzüglich nachzureichen89. Es existiert kaum eine bessere Grundlage für die Unterrichtung des Gerichts über angebotene und erbrachte Leistungen und als Beleg, warum zur Abwendung der Gefahr eingesetzte öffentliche Hilfen (§ 1666 a BGB) nicht (mehr) ausreichen und eine Verbleibensanordnung oder gar ein weitergehender Entzug des Personensorgerechts notwendig ist; darüberhinaus lässt sich hieraus erkennen, ob und welche sorgerechtlichen Befugnisse den Eltern zu entziehen sein werden90 und mit welchen Kompetenzen die Kinder- und Jugendhilfe bzw. Pflegeeltern auszustatten wären. Zur Verwirklichung der vom KJHG intendierten geplanten, zeit- und zielgerichteten Intervention bedarf es klarer Absprachen zwischen Gericht und Jugendamt – eine klare zeitliche Strukturierung unterstützt Eltern, Pflegeeltern und Minderjährige, sie entspricht auch den gerichtlichen Überprüfungspflichten gem. § 1696 Abs. 2 und 3 BGB91. Nachdem in den beiden zentralen Regelungsbereichen, nämlich beim zivilrechtlichen Kindesschutz und im KJHG, kindliches Zeiterleben Berücksichtigung gefunden hat – Entsprechendes gilt leider noch nicht für das Verfahrensrecht92, wird es für die gerichtliche und behördliche Praxis sehr darauf ankommen, dass mit einer geplanten, zeit- und zielgerichteten Intervention die prekäre Konfliktlösung zwischen Elternrecht und Kindeswohl gelingt, indem die jeweiligen Erwartungen und Absichten nicht nur gegenseitig zwischen Jugendamt und Gericht, sondern auch den Eltern gegenüber, offen gelegt werden. Der im Rahmen von zivilrechtlichem Kindesschutz tätige Richter (z. B. in Verfahren gem. §§ 1666, 1666 a, 1632 Abs. 4, 1631 b, 1684 Abs. 3 und Abs. 4 BGB) wird den Zeitfaktor schon bei der Verfahrensgestaltung und erst recht bei der Maßnahmenwahl und -dauer (§ 1696) weit stärker als in der Vergangenheit berücksichtigen und sein Vorgehen mit dem Jugendamt abstimmen müssen93. Soweit sich beide Instanzen auf die Wahrung der Kindesgrundrechte beziehen, entstehen auch keine Zielkonflikte. Allerdings wird für die Jugendhilfe wie für das Gericht stets die begrenzte rationale oder gar rechtliche Steuerbarkeit des Bindungsprozesses zu beachten sein94. Das Ob, das Wo, das Wie, die Frequenz und viele andere Gesichtspunkte des Umgangs müssen im Zusammenhang der erwähnten behördlichen und gerichtlichen Verfahren stets mitbedacht werden: Hilfepläne bei für längere Zeit fremdplatzierten Kindern dürften nach alledem ebenso wenig wie Gerichtsentscheidungen95 , die eine Fremdplatzierung zur Folge haben, ohne Aussagen zum Umgang des Kindes mit seinem Herkunftsmilieu ergehen.

7. Beispiele aus der neueren Rechtsprechung zu Umgangsregelungen mit Pflegekindern
Abschließend soll auf einige familiengerichtliche Entscheidungen zum Umgang des Pflegekindes mit seinen Eltern/Elternteilen näher eingegangen werden, die auf der Grundlage des seit dem 1. Juli 1998 geltenden Rechts ergangen sind. In den Fachzeitschriften sowie in der juristischen Datenbank JURIS findet sich zwar eine Vielzahl von Entscheidungen zu gerichtlichen Umgangsregelungen gem. § 1684 Abs. 3 und Abs. 4 BGB, jedoch liegt der eindeutige Schwerpunkt dieser veröffentlichten Entscheidungen im Bereich der Konflikte unter den Kindeseltern nach Trennung und Scheidung. JURIS weist zu § 1684 Abs. 3 BGB 15 und zu § 1684 Abs. 4 BGB 28 Entscheidungen nach96. Lediglich drei Entscheidungen von diesen insgesamt 43 Entscheidungen befassen sich ausdrücklich mit Umgangskonflikten um Pflegekinder97. Auf zwei weitere noch nicht veröffentlichte Entscheidungen aus diesem Bereich soll ebenfalls eingegangen werden. Es handelt sich bei diesen fünf Entscheidungen jeweils um Entscheidungen von Oberlandesgerichten, die auf Beschwerden der betroffenen Eltern bzw. in einem Fall auf die Beschwerde des Verfahrenspflegers hin ergangen waren. Soweit ersichtlich waren – trotz § 50 FGG – nur in zwei von diesen fünf Fällen Verfahrenspfleger für die Verfahren bestellt gewesen. In allen vier Fällen wurde das Umgangsrecht der Eltern bzw. von Elternteilen eingeschränkt bzw. ausgeschlossen. Diese Entscheidungen sind sicherlich nicht repräsentativ für die Entscheidungspraxis der Familiengerichte in diesem Bereich. Fachkräfte der Jugendhilfe, Pflegeeltern und ihre Verbände sowie Rechtsanwälte berichten von einer sehr restriktiven Handhabung der Beschränkungsmöglichkeit gem. § 1684 Abs. 4 BGB durch die Familiengerichte: »Auch hier lassen die Beschlüsse erkennen, dass eine Vielzahl der FamilienrichterInnen und GutachterInnen den Unterschied zwischen einem Pflegekind und einem Trennungs- und Scheidungskind nicht kennen. Die bisherige Lebensgeschichte vieler Pflegekinder, die sich daraus resultierende Problematik ihrer Befindlichkeit und ihres Verhaltens wird nicht ernst genommen oder einfach nicht gesehen«98. Pflegeeltern steht nach h. M. gegen aus ihrer Sicht das Pflegekind und/oder ihr Familienleben beeinträchtigenden Umgangsentscheidungen der Familiengerichte kein Rechtsmittel zu99. Gegen diese durch die Kindschaftsrechtsreform entstandene Rechtslage bestehen m. E. schwer wiegende verfassungsrechtliche Bedenken, weil sie der vom Bundesverfassungsgericht anerkannten verfassungsrechtlichen Stellung der Pflegefamilie100 nicht gerecht wird. Dieser verfassungsrechtliche Schutz der Pflegefamilie muss sich auch im gerichtlichen Verfahren niederschlagen; so bleibt nur zu hoffen, dass dem Bundesverfassungsgericht sich alsbald die Gelegenheit bietet, hier für Klarheit zu sorgen. Bis dahin kann nur darauf gehofft werden, dass die Familiengerichte bei Umgangskonflikten dieser Art den beteiligten Kindern gem. § 50 FGG stets qualifizierte Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung ihrer Interessen bestellen und dann erforderlichenfalls diese von dem ihnen zukommenden Beschwerderecht 101 Gebrauch machen. Während im Mittelpunkt der knapp gefassten Entscheidung des OLG Hamm102 zum befristeten Ausschluss des Umgangs die Gefährdung der Entwicklung einer vertrauensvollen Beziehung des Kindes zu seinen Pflegeeltern stand, nachdem das OLG keine Möglichkeiten zur Konfliktdämpfung mehr sah und so die Zeit bis zum Abschluss der Erstellung eines familienpsychologischen Gutachtens überbrücken wollte, steht in drei der hier vorgestellten Entscheidungen die persönliche Situation der den Umgang begehrenden Eltern(-teile) sowie deren Auswirkung auf das Kind und in einer Entscheidung die Weigerungshaltung des Kindes im Mittelpunkt. In der zuletzt genannten Entscheidung des OLG Schleswig 103 stand die Frage nach der Auswirkung der Weigerungshaltung eines zum Entscheidungszeitpunkt knapp elf Jahre alten und seit fünf Jahren in der Pflegefamilie lebenden Jungen. Das AG hatte für die Dauer von zwei Jahren den Umgang der Kindesmutter ausgeschlossen. Der Senat würdigt die wesentlichen positiven Veränderungen im Leben der Mutter, misst jedoch der nachhaltigen und vom Senat anlässlich der Kindesanhörung überprüften Weigerungshaltung des Kindes die ausschlaggebende Bedeutung bei: »(…) die Persönlichkeitsentwicklung des – mittlerweile nahezu – elfjährigen Kindes (ist) bereits so weit fortgeschritten, dass eine seinem – mehrfach und nachhaltig geäußerten – Willen zuwiderlaufende Kontaktaufnahme eine Gefährdung seiner Entwicklung bewirken würde. Bereits die Befassung mit dem Thema »Umgangsrecht« ist für das Kind außerordentlich belastend. Umso mehr würde die Zulassung von Kontakten – unter Brechung seines Willens – das Kindeswohl beeinträchtigen. Der angeordnete zeitweise Ausschluss des Umgangs ist derzeit erforderlich, um dem Kind eine – von der Frage des Umgangs unbehelligte – Entwicklung hin zu einer nicht von Ängsten besetzten Persönlichkeit zu ermöglichen.« Der Junge empfinde die Kontaktversuche der Mutter »als Beginn eines Prozesses, an dessen Ende wieder ein Verlust stehen wird, nämlich das »Verlassenmüssen« seines jetzigen als Familie empfundenen Lebenskreises, in dem er Geborgenheit gefunden hat. Dieser subjektiven Sicht ist derzeit nicht mit rationalen Erwägungen beizukommen.«104 An der sensiblen Beschreibung der Anhörungssituation und der Reaktionen des Jungen wird deutlich, dass sich der Senat die Abwägung der sich gegenüberstehenden jeweils verfassungsrechtlich geschützten Rechtsgüter nicht leicht gemacht hat und seine Entscheidung zwar ohne ausdrücklichen Bezug an der oben beschriebenen verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung orientiert hat. Das OLG Celle bestätigt die vom Amtsgericht verfügten Umgangsbeschränkungen auf 1½ Stunden in Abständen von sechs Wochen an einem vom Jugendamt zu bestimmenden Ort in Anwesenheit der Pflegeeltern105 . Ausschlaggebend für das OLG war, dass den Pflegekindern, die weiterhin bei den Pflegeeltern bleiben müssen, »in erster Linie Sicherheit und Gewissheit vermittelt werden (soll), in der Obhut der Pflegeeltern bleiben zu können«. Von welchen schweren Schicksalsschlägen Eltern betroffen sein können, wird an einer Entscheidung des OLG Frankfurt am Main vom 8. Mai 2002106 deutlich, ebenso aber wie ein solches Schicksal von Eltern auch zu langjährigen persönlichkeitsschädigenden Erfahrungen beim Kind führen kann. Dass Mitleid mit den Eltern solche schwierigen Entscheidungen bestimmt, widerlegt diese Entscheidung deutlich. Die Umstände seien nur skizziert: Paranoide Schizophrenie des nicht mehr sorgeberechtigten Vaters, Trennung der Eltern, Motorradunfall der Mutter mit langwieriger Behandlung und Amputation des rechten Unterschenkels, langjährige Alkoholerkrankung der Mutter, Analkarzinom und daraufhin erfolgender Selbsttötungsversuch der Mutter, erfolgloser Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe, Verwahrlosung des Haushalts, Beschimpfung und Schläge, wiederholte schädliche und extreme Überforderungen (»langjährige persönlichkeitsschädigende Erfahrungen«) des Kindes. Letztendlich führt diese Gesamtsituation zum Entzug der gesamten elterlichen Sorge durch das OLG Frankfurt am Main, welches den vom Amtsgericht angeordneten Entzug bloß des Aufenthaltsbestimmungsrechts für die Abwendung der Gefahr nicht für ausreichend ansah: »Angesichts der langen Traumatisierung des Kindes und aufgrund von dessen Bedürfnissen nach einer gesicherten Bindung und emotionaler Geborgenheit kommt (…) eine Rückführung des Kindes in den Haushalt der Mutter in absehbarer Zeit, und zwar auch bei gleichzeitigem Einsatz von Hilfen zur Erziehung durch einen Erziehungsbeistand oder eine sozial-pädagogische Familienhilfe nicht in Betracht.« Das im Jahre 1992 geborene Mädchen lebte zum Entscheidungszeitpunkt bereits seit knapp zwei Jahren in Familienpflege. Das OLG schließt den Umgang aufgrund der geschilderten Umstände und insbesondere aufgrund von das Kind erheblich belastenden Konflikten anlässlich des Umgangs für die Dauer von zwei Jahren aus; diese Gefährdungen glaubt der Senat auch nicht durch die Anordnung eines begleiteten Umgangs vermeiden zu können, »weil jeder Umgangskontakt mit der Mutter für das Kind immer erneut eine schwere Belastung darstellen würde«. Dass die Mutter die alsbaldige Rückkehr des Kindes auch von diesem wünschte und somit das Kind immer wieder unter schwer wiegenden Loyalitätskonflikten stand, war für den Senat von nicht unerheblicher Bedeutung, wobei der Senat auf die von der Mutter begonnene Therapie setzte107. Bemerkenswert an dieser Entscheidung ist auch die Feststellung des Familiensenats, dass das Kind anlässlich seiner Anhörung durch den beauftragten Richter des Familiensenats »seinen Wunsch nach einem Verbleib in der Pflegefamilie nicht direkt ausdrücken (konnte)108. Dieser Wunsch wird jedoch in den Vorstellungen des Kindes von der Ausgestaltung des Alltags immer wieder deutlich erkennbar«. Um zu dieser Einschätzung des Ergebnisses der Kindesanhörung zu gelangen, muss ein Familienrichter von der schwierigen Kommunikation mit Kindern109 etwas verstehen, eine keineswegs immer gegebene, aber zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Kindesanhörung110 . Auch das OLG Hamm111 hat in einer auf die Beschwerde der Verfahrenspflegerin am 22. Januar 2003 ergangenen Entscheidung die Umgangsbefugnis einer Kindesmutter mit ihrem am 7. Mai 2001 geborenen Sohn, der seit dem 18. Juni 2001 bei Pflegeeltern untergebracht war, »auf Dauer ausgeschlossen «. Eine solche Entscheidung ist eher ungewöhnlich, jedoch erschien dem Gericht diese Anordnung »nach den Umständen des Falles unumgänglich, um eine Gefährdung der körperlichen und seelischen Entwicklung des Kindes abzuwenden, wobei diese Gefahr nicht auf andere Weise ausreichend sicher abgewendet werden kann«. Der Senat stützt sich dabei auf ein Sachverständigengutachten und kommt zur Überzeugung, »dass es nach der derzeitigen Sachlage kein anderes Mittel gibt, als den Umgangskontakt zwischen M. und seiner Mutter auf unbestimmte Zeit zu unterbinden, um Gefährdungen für das seelische Wohl des Kindes abzuwenden«. Wegen psychischer Erkrankung (»schizoaffektive Psychose«, »paranoide Psychose«) hatte bereits das Amtsgericht der Mutter das Sorgerecht entzogen. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Gesundheitszustand der Mutter mit einer eigenverantwortlichen Erziehung des Kindes, selbst mit intensiven Hilfemöglichkeiten nicht vereinbar sei 112. Neben diesen besonderen Umständen dieses Falles bedarf die Vorgeschichte dieses Umgangsausschlusses besonderer Erwähnung: »Seit der Trennung von Mutter und Kind haben mehr als fünfzig begleitete Umgangskontakte zwischen ihnen stattgefunden«. Über die Zulässigkeit von Menschenversuchen dieser Art wäre unter entwicklungspsychologischen, medizinischen, verfassungs- und familienrechtlichen und nicht zuletzt unter (berufs-)ethischen Gesichtspunkten nachzudenken. Diese Umgangsversuche hatten zuletzt dazu geführt, dass das Kind mit erheblichen Aggressionen auf diese immer wiederholte Situation reagiert hat (mit verbalen und tätlich aggressiven Reaktionen auf die Mutter, Entwicklung regelrechter Hassgefühle und einer tief greifenden Persönlichkeitsstörung). Das OLG schloss sich den Einschätzungen der Wirkungen dieses »erzwungenen Umgangs« auf das Kind auch bezüglich des Verhältnisses des Kindes zu den Pflegeeltern an: »Im Verhältnis zu den Pflegeeltern, seinen Hauptbezugspersonen, werde es dabei negativ erfahren, dass diese nicht in der Lage seien, es vor der ihm sehr unangenehmen Situation zu schützen«. Auch in diesem Fall setzt das Gericht auf eine nicht absehbare mögliche Veränderung durch Therapie der Mutter, die das Familiengericht in Zukunft bei veränderten Verhältnissen veranlassen könnten, die getroffene Anordnung des Umgangsausschlusses auf Dauer abzuändern.

8. Eckpfeiler eines Gesamtkonzepts der Staatintervention bei Gefährdung des Kindeswohls
Solche Eckpfeiler sollten auf der Basis von verfassungsrechtlichen Vorgaben unter Einbeziehung von humanwissenschaftlichen Grundannahmen diskutiert und als Vorgabe auch zur Entwicklung von Standards der Intervention dienen. Im geltenden Familien- und Sozialrecht sowie im jeweiligen Verfahrensrecht finden sich bereits inzwischen manche dieser Elemente – was mit einer konsequenten Umsetzung in der Praxis nicht gleichgesetzt werden darf. Auch über das Umgangsrecht von in Familienpflege lebenden Kindern sollte nicht ohne Berücksichtigung dieses Gesamtzusammenhanges diskutiert und entschieden werden. Die nachfolgende Zusammenstellung soll in Stichworten die Ausgangspunkte des Autors zur Diskussion stellen:
– da Trennung sich für (insbesondere Klein-)Kinder belastend für die spätere Entwicklung auswirken können, haben bei Gefährdungen des Kindeswohls Hilfen innerhalb der Familie Vorrang, soweit dadurch den Gefährdungen wirksam begegnet werden kann – für traumatisierte Kinder scheiden solche Hilfen innerhalb der Herkunftsfamilie meistens aus; häufig ist interdisziplinäres Zusammenwirken zur Einschätzung der Gefährdung sowie der Veränderungspotentiale unausweichlich;
– werden Trennungen dennoch unvermeidbar, so ist die Sicherung der Dauerhaftigkeit der Lebensumstände113 und damit die Beständigkeit der Eltern-Kind-Beziehung oberstes Ziel – und dies gilt gleichermaßen in der Herkunfts- wie in der Pflegefamilie, auch wenn dies für manchen ein Paradoxon zu sein scheint;
Vorrang der Rückkehroption, aber nur innerhalb eines aus kindlicher Perspektive tolerierbaren Zeitrahmens, d. h. dass nicht später durch die Herausnahme des inzwischen verwurzelten Pflegekindes, dessen Wohl hierdurch erneut gefährdet wird, und nur dann, wenn auch ansonsten keine Gefährdungen des Kindeswohls in seinem Herkunftsmilieu mehr bestehen; keine Rückkehr bei massiven Rückkehrängsten des Minderjährigen;
Vorrang von familialer vor institutioneller Sozialisation ;
– Begrenzung der widerrufbaren Pflegekindschaft auf von vornherein bestimmte Zeiträume;
– größere Transparenz und Ehrlichkeit im Rahmen von Staatsintervention allen Beteiligten gegenüber;
– mehr Mitwirkungsmöglichkeiten und Beteiligungsrechte für Kinder und Jugendliche, ihre Eltern und Pflegeeltern;
– größere rechtliche, fachliche und politische Aufmerksamkeit und Kontrolle diesem hochsensiblen Bereich von Jugendamtshandeln und Justiztätigkeit gegenüber;
– eine geplante zeit- und zielgerichtete Intervention114;
– bei Aussichtlosigkeit der Realisierung oder nach Scheitern der Rückkehroption Sicherung der Dauerhaftigkeit der Kindesbeziehung durch
Adoption, wenn immer möglich durch die bisherige Pflegefamilie;
– falls dies nicht möglich Pflegschaft/Vormundschaft115 durch die bisherige Pflegefamilie;
sonstige Sicherung, auch rechtlicher Art, des Dauerpflegeverhältnisses.

Resümmee

1. »Pflegekinder sind keine Scheidungskinder.« Gesetzgebung, Rechtsprechung, rechts- und sozialwissenschaftliche Forschung müssen penibel differenzieren. Zur Aufhellung der tatsächlichen Lebenssituation von Pflegekindern, ihrer Herkunfts- und Pflegefamilien, aber auch zur Einschätzung der Wirksamkeit der gesetzlichen Regelungen sowie der behördlichen und justizellen Intervention besteht ein dringender Forschungsbedarf.

2. Hinsichtlich Pflegekinder haben viele der nunmehr zuständig gewordenen Familienrichter Informationsdefizite sowohl im entwicklungspsychologischen Bereich – Stichworte wären hier kindliches Zeitempfinden und Bindungsverhalten von Kindern – als auch im sozial- und verfahrensrechtlichen Bereich (Stichworte wären hier: die geplante, zeit- und zielgerichtete Intervention, die Bedeutung von Hilfeplanung auch für die richterliche Intervention, Kooperation zwischen Jugendhilfe und Justiz; Kindesanhörung; Verfahrenspflegerbestellung; Verfahrensbeschleunigung; Verfahrensplanung). Es besteht hier in vielerlei Hinsicht erheblicher Fortbildungsbedarf auf Seiten der Familienrichter116.

3. Solange bei traumatisierten und schwer vernachlässigten Kindern von Umgangskontakten mit ihren Eltern Gefährdungen ausgehen und Rückschläge für ihre Entwicklung zu befürchten sind, müssen erforderlichenfalls elterliche Umgangsrechte Beschränkungen erfahren. Die Gründe der Fremdplatzierung, ob mit oder ohne familiengerichtlichem Sorgerechtseingriff bedürfen bei der Umgangsregelung größter Aufmerksamkeit.

4. Bei günstigen Prognosen hinsichtlich einer möglichst bald zu realisierenden Rückkehroption, d. h. dass unter keinerlei Aspekten Gefährdungen des Kindes mehr zu befürchten sind und das Kind sich nicht widersetzt, kommt funktionierendem Umgang eine Schlüsselrolle hinsichtlich frühest möglicher Rückkehr zur Herkunftsfamilie zu.

5. In allen gerichtlich ausgetragenen Umgangskonflikten müssen Kindern und Jugendlichen erfahrene, sensible, unabhängige und für diese Aufgabe qualifizierte Verfahrenspfleger an die Seite gestellt werden.

6. Die Philosophie einer geplanten, zeit- und zielgerichteten Intervention im KJHG bedarf ihrer Umsetzung bei den Kinder und Jugendbehörden. Jugendhilfe und Justiz müssen viel stärker kooperieren und sich gerade bei Umgangskonflikten um Pflegekinder ausschließlich an deren Wohl und nicht an den Bedürfnissen der beteiligten Erwachsenen orientieren. Kein Hilfeplan ohne konkrete Umgangsregelung und derer materieller Sicherstellung; d. h. aber erforderlichenfalls auch Einschränkung des Umgangs. Keine gerichtliche Intervention ohne Vorlage des Hilfeplans durch die Kinder- und Jugendbehörden und konkrete Aussagen zum Umgang des fremdplatzierten Kindes. Stärkere gegenseitige Berücksichtigung der Interdependenz zwischen behördlicher und justizieller Intervention.

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1 Dieser Beitrag gibt im Wesentlichen den anlässlich des 13. Tags des Kindeswohls in Holzminden gehaltenen Vortrag wieder. Aus Zeitgründen musste im Wesentlichen die Vortragsform – lediglich erweitert um Quellennachweise – beibehalten werden. s.a. 3. Jahrbuch des Pflegekinderwesens

2 Zu § 1630 Abs. 2 BGB vgl. Staudinger/Peschel-Gutzeit (2002), § 1630 Rn. 31 ff.; zu § 1632 Abs. 4 BGB vgl. Staudinger/Salgo (2000), § 1632 Rn. 42 ff.

3 Zu Einzelheiten und zum Umfang dieser Befugnis vgl. Staudinger/Salgo (2000), § 1688.

4 Vgl. hierzu Salgo/Zenz/Fegert/Bauer/Weber/Zitelmann (Hrsg.), Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche, Köln 2002; zitiert HB-VP/Bearbeiter.

5 Karl-Franz Kaltenborn, Kindheitsbilder und Expertenwissen, DISKURS 1998, Jg. 54.

6 BT-Drucks. 13/4899, 105 r. Sp.

7 Ebd.

8 Staudinger/Coester (2000), BGB, § 1666 Rn. 130.

9 Vgl. insbes. Zenz, Zur Bedeutung der Erkenntnisse von Entwicklungspsychologie und Bindungsforschung für die Arbeit mit Pflegekindern, ZfJ 2000, 321, sowie HB-VP/ Zenz, Rn. 646 ff. m. w. N.

10 Zum Gesamtkomplex vgl. Salgo, Pflegekindschaft und Staatsintervention; Darmstadt 1987, S. 299 ff., sowie Fegert, Die Auswirkungen traumatischer Erfahrungen in der Vorgeschichte von Pflegekindern, in: Stiftung zum »Wohle des Pflegekindes« (Hrsg.), 1. Jahrbuch des Pflegekinderwesens, S. 20 ff., Idstein 1998.

11 Vgl. Wallerstein u. a., Scheidungsfolgen – Die Kinder tragen die Last, Münster 2000.

12 Vgl. hierzu Fegert (Anm. 10), S. 20 ff., 29.

13 Münder u. a., Kindeswohl zwischen Jugendhilfe und Justiz, Münster 2000, S. 99.

14 Stichworte wären der sog. Osnabrücker Fall – vgl. Salgo,»Helfen mit Risikominderung« für das Kind, in: Wächteramt und Jugendhilfe, Frankfurt am Main 2001, S. 17 ff. m. w. N., der »Stuttgarter Fall« und die jüngsten von außen kaum nachvollziehbaren Ereignisse in Saarbrücken; vgl. auch Wiesner, Zur gemeinsamen Verantwortung von Jugendamt und Familiengericht für die Sicherung des Kindeswohls, ZfJ 2003, 121, 127.

15 BT-Drucks. 11/5948, S. 71.

16 KomDat-Jugendhilfe, 2/98, S. 2.

17 BT-Drucks. 11/6576, S. 149.

18 BVerfGE 68, 176,189 f.

19 BVerfGE 24, 119, 143. Zu dieser Entscheidung vgl. auch Salgo, In welchen Fällen darf der Staat die verweigerte elterliche Einwilligung in die Adoption des Kindes durch Richterakt ersetzen, KritV 2000, 344.

20 BVerfGE 88, 187, 196.

21 BVerfG, FamRZ 1993, 1420, 1421; BVerfGE 68, 176, 188.

22 Münder/Schone/Körber/Mutke/Them, Kindeswohl zwischen Jugendhilfe und Justiz – eine Fallerhebung, Diskussionsbeiträge, Institut für Sozialpädagogik, Technische Universität Berlin, Oktober 1998, S. 69.

23 Hierzu Harnach-Beck, Psychosoziale Diagnostik in der Jugendhilfe, Weinheim 2000.

24 OLG Naumburg vom 16. 2. 2000, Az.: 14 WF 15/00.

25 Vgl. Salgo, Häusliche Gewalt und Umgang, in: Einelternfamilien im Netz öffentlicher Hilfen (Hrsg.: Fegert/Ziegenhain), Weinheim 2003, im Erscheinen.

26 Coester, Das Kindeswohl als Rechtsbegriff, Frankfurt am Main 1983, S. 178, 380, 447, 469 m. w. N.

27 Zenz, Soziale und psychologische Aspekte der Familienpflege und Konsequenzen für die Jugendhilfe, Gutachten, 54. DJT, München 1982, A7 ff.

28 Anders und solche Grundannahmen ignorierend Rauscher, Familienrecht, Heidelberg 2001, Rn. 1132.

29 Salgo, Die Pflegekindschaft in der Kindschaftsrechtsreform vor dem Hintergrund verfassungs- und jugendhilferechtlicher Entwicklungen, FamRZ 1999, 337.

30 Salgo, Soll die Zuständigkeit des Familiengerichts erweitert werden?, FamRZ 1984, 221.

31 Vgl. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Pflegekindern, Bundesverband der Pflege- und Adoptiveltern (Hrsg.), Frankfurt am Main, 1966 ff. (Eigenverlag).

32 Münder u. a. (Fn. 13), S. 214, 244 f.

33 Staudinger/Rauscher (2000), § 1684 Rn. 54.

34 Völlig anders noch die Vorauflage: Vgl. die Erl. von Staudinger/Peschel-Gutzeit (1997), § 1634 BGB a. F.

35 BT-Drucks. 13/8511, S. 67 f.

36 BT-Drucks. 13/8511, S. 68.

37 Ebenso Staudinger/Rauscher (2000), § 1684 Rn. 45.

38 Vgl. Staudinger/Coester (2000), § 1618 a Rn. 44.

39 Vgl. z. B. §§ 1611, 1579 Nr. 2, 1381.

40 Münster 2001.

41 Staudinger/Coester (2000), § 1666 Rn. 71.

42 Zitelmann, Kindeswohl und Kindeswille im Spannungsfeld von Pädagogik und Recht, Münster 2001, S. 85, 284 ff.

43 KINDESWOHL 2/2001, S. 14.

44 Vgl. zu dieser Klausel aus erziehungswissenschaftlicher Sicht Mériem Diouani, Umgang bei Pflegekindschaft – Das Wohl des Kindes in Umgangsfragen gem. § 1684 BGB, Unveröffentlichte Diplomarbeit, Fachbereich Erziehungswissenschaften, Johann Wolfgang Goethe-Universität, 2003, S. 19 ff.

45 HB-VP/ Zenz, Rn. 698.

46 Nienstedt/Westermann, Pflegekinder, Münster 1998, S. 220 ff.

47 Faltermeier, Verwirkte Elternschaft? Fremdunterbringung – Herkunftseltern – Neue Handlungsansätze, Münster 2001, S. 321.

48 Nachweise vgl. Fn. 14.

49 Salgo, Vom langsamen Sterben des elterlichen Züchtigungsrechts, RdJB 2001, 283.

50 Hierzu Schweikert/Baer, Das neue Gewaltschutzgesetz, Baden-Baden 2002.

51 Vgl. Salgo, Fn. 25 m. w. N.

52 Simitis, Das »Kindeswohl« – neu betrachtet, in: Goldstein/Freud/Solnit, Jenseits des Kindeswohls, Frankfurt am Main 1974, S. 93, 111.

53 BT-Drucks. 13/8511, S. 68.

54 Auch Blandow u. a., Spezialisierung und Qualifizierung der Vollzeitpflege durch einen Freien Träger. Unter besonderer Berücksichtigung qualitativer und quantitativer Standards, Bremen 1999, S. 177 ff. gehen davon aus, dass bei einem nicht unerheblichen Teil der Pflegekinder die Belastungen ein traumatisches Ausmaß angenommen haben.

55 Diouani (Fn. 44), S. 54; vgl. auch den Hinweis auf die Möglichkeit hirnorganischer Fehlentwicklungen durch wiederholte, intensive Angstgefühle (ebd.), S. 56 ff. m. w. N.

56 Vgl. Hüther, Die Folgen traumatischer Kindheitserfahrungen für die weitere Hirnentwicklung, in: Hopp/Lambeck/ Hüther/Siefert, Traumatisierte Kinder in Pflege- und Adoptivfamilien, Ratingen 2002, S. 20 ff.

57 BVerfG, FamRZ 2000, 1489.

58 So die Forderung von Faltermeier (Fn. 47), S. 26.

59 Kindeswohl 2/20001, S. 9, 10.

60 Vgl. etwa den Diskussionsbeitrag des damaligen Vormundschaftsrichters Carl, 54. DJT, München 1982, I 93f.

61 Vgl. § 50 b Abs. 1 FGG: »(…) sich das Gericht von dem Kind einen unmittelbaren Eindruck verschafft«.

62 Hierzu jüngst Schwab, FamRZ 2002, 1297; bereits Salgo,FamRZ 1984, 221, 225.

63 Goldstein/Freud/Solnit, Jenseits des Kindeswohls, S. 49.

64 Ebd.

65 BVerfGE 68, 176, 188 ff.

66 Goldstein/Freud/Solnit/Goldstein, Das Wohl des Kindes, Frankfurt am Main 1988, S. 107.

67 Meldung der dpa, veröffentlicht in der F.R. am 26. Juli 2000.

68 Salgo/Zenz/Fegert/Bauer/Weber/Zitelmann, Verfahrenspflegschaft für Kinder und Jugendliche, Bundesanzeiger Verlag, Köln 2002.

69 OLG Bremen, FamRZ 2000, 1298.

70 HB-VP/Zenz, Rn. 646 ff.

71 Diouani (Fn. 44), S. 53 ff.

72 Vgl. HB-VP/Zenz, Rn. 689 f.

73 Vgl. Interview mit Joseph Goldstein, NP 1986, 333, 334 f.

74 Staudinger/Salgo (2002), § 1632 Rn. 95.

75 Zu beziehen über den Wissenschaftlichen Filmdienst in Göttingen. Vgl. auch James und Joyce Robertson, Reaktionen kleiner Kinder auf kurzfristige Trennung von der Mutter im Lichte neuer Beobachtungen, Psyche 1975, 626.

76 Wiesner 2, SGB VIII § 33 Rn. 1.

77 Hierzu Staudinger-Coester (2000), § 1666 a Rn. 10 ff.; vgl. auch BVerfGE 66, 79 und dazu Hinz, NJW 1983, 377.

78 Zenz, Kindesmisshandlung und Kindesrechte, Frankfurt am Main 1979, S. 363; zur Beteiligung des Jugendamtes an der Umsetzung familiengerichtlicher Entscheidungen vgl. auch Wiesner, ZfJ 2003, 121, 128 ff.

79 Vgl. Staudinger-Coester (2000), § 1666 Rn. 45.

80 BT-Drucks 11/5948, S. 68; vgl. auch Lüüs, WuS 1995, 557, 563.

81 BT-Drucks 11/5948, 68; Wiesner 2, SGB VIII § 33 Rn. 16; GKSGB VIII/Salgo, § 33 Rn. 16 ff.

82 Schwab, 54. DJT A 112.

83 Wiesner2, SGB VIII § 37 Rn. 27; Münder u. a., Frankfurter LPK-KJHG4 § 37 Rn. 10 f.; auch schon BVerfGE 24, 119, 146; hierzu Salgo, In welchen Fällen darf der Staat die verweigerte elterliche Einwilligung in die Adoption des Kindes durch Richterakt ersetzen?, KritV 2000, 344, 348 f.

84 BT-Drucks 11/5948, S. 68; vgl. Salgo, Pflegekindschaft und Staatsintervention, Darmstadt 1987, S. 325 ff.; ders., in: Wiesner- Zarbock, Das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz, Köln 1991, S. 115 ff.; Lakies, FuR 1995, 114; GK-SGB/Salgo, VIII § 33 Rn. 33 ff.; Wiesner, Zur gemeinsamen Verantwortung von Jugendamt und Familiengericht für die Sicherung des Kindeswohls, ZfJ 2003, 121, 124.

85 Hierzu grundlegend Heilmann, Kindliches Zeitempfinden und Verfahrensrecht, Neuwied 1998.

86 Hierzu Wiesner2 , SGB VIII § 36 Rn. 40 ff.; Münder4 u. a., Frankfurter LPK-KJHG § 36 Rn. 26 ff.; GK-SGB/Nothacker, VIII § 36 Rn. 41 ff.

87 Vgl. Schmid, Die Hilfeplanung nach § 36 SGB VII, Frankfurt am Main 2003, im Erscheinen.

88 Zu den Inhalten des Hilfeplans vgl. Salgo (Fn. 81) und ders. (1987), S. 343 ff. sowie Wiesner2, SGB VIII § 36 Rn. 56 ff.; GKSGB/Nothacker, VIII § 36 Rn. 48.

89 Salgo, in: Wiesner-Zarbock, S. 138 f.; Wiesner2, SGB VIII § 36 Rn. 73.

90 BVerwG, NJW 2002, 232; Staudinger/Salgo, § 1631 Rn. 58 a.

91 Vgl. auch Staudinger-Coester (2000), § 1696 Rn. 107 m. w. N.

92 Vgl. Heilmann (Fn. 85).

93 Staudinger/Salgo (2002), § 1632 Rn. 59 f.

94 Zenz, 54. DJT A 42.

95 Zur konfliktreduzierenden Rechtsvorsorgepflicht des Gerichts vgl. Staudinger/Salgo (2002), § 1632 Rn. 95.

96 Stand 10. 4. 2003.

97 Vgl. hierzu Diouani (Fn. 44), S. 26 ff. m. w. N.

98 So Hopp, Berichte und Analysen einer Sozialarbeiterin im Pflegekinderwesen, in: 2. Jahrbuch des Pflegekinderwesen, Idstein 2001, S. 166, 171.

99 Keidel/Kahl, FGG15, § 20 Rn. 65; BGH, FamRZ 2000, 219; OLG Köln, FamRZ 2000, 1241.

100 Nachweise bei Staudinger/Salgo (2000), § 1632 Rn. 47 ff.

101 HB-VP/Salgo Rn. 33; Keidel/Engelhardt, FGG15, § 50 Rn. 16.

102 FamRZ 2000, 1108.

103 FamRZ 2000, 48.

104 Ebd. 49.

105 OLG Celle, FamRZ 2000, 48.

106 OLG Frankfurt am Main vom 8. 5. 2002, Az.: 1 UF 312/01.

107 Zum Therapieerfolg vgl. insbes. BH-VP/Zenz, Rn. 690.

108 Zur Bedeutung des Kindeswillens in selbstgefährdenden Situationen vgl. insbes. Zitelmann (Fn. 42), S. 85, 284 ff.

109 Hierzu HB-VP/Fegert, Rn. 719 ff.

110 Vgl. Lempp u. a., Die Anhörung des Kindes gemäß § 50 b FGG, Köln 1987.

111 OLG Hamm, 10 UF 126/02 vom 22. 1. 2003.

112 Vgl. BVerfG, FamRZ 2000, 1489 zur Situation, in welcher die Beschwerdeführerin »auf Grund ihrer Krankheit nicht in der Lage ist, dem Kind die notwendigen Hilfestellungen bei einer Bewältigung seines Trennungstraumas zu geben«.

113 Vgl. Art. 20 Abs. 3 des UN-Übereinkommens über die Rechte des Kindes: »Bei der Wahl zwischen diesen Lösungen sind die erwünschte Kontinuität in der Erziehung des Kindes (…) zu berücksichtigen«.

114 Vgl. BT-Drucks. 11/5948, S. 68 unter Verweis auf Salgo (Fn. 10), S. 398.

115 Auch diese Rechtspositionen stehen unter dem Vorbehalt des § 1696 BGB; vgl. indes Staudinger-Coester (2000), § 1696 Rn. 100; Heilmann (Fn. 85), S. 79 ff.

116 Immerhin hat der Landesverband der Pflege- und Adoptiveltern – Landesverband Bayern das Landesjustizministerium schon einmal dazu gebracht, dass einen halben Tag in der Richterakademie in Wustrau Pflegekinder im Mittelpunkt standen.

s.a. Häusliche Gewalt und Umgang

 

 

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