FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2000

 

Das Leistungsprofil der „Schönen Schule“ in zehn Thesen

Zur Bedeutung der Ästhetik für die Schulpädagogik

von Johannes Kiersch (2000)

 

Vorbemerkung: In unserem Intensivpädagogischen Programm für vernachlässigte, mißhandelte und mißbrauchte Kinder in sozialpädagogisch und psychotherapeutisch betreuten Pflegefamilien erleben wir immer wieder Zielkonflikte mit den zuständigen staatlichen Schulen, auch dann wenn wir es mit pädagogisch engagierten Lehrern zu tun haben. Das liegt im wesentlichen daran, daß die staatliche Schule das Ziel verfolgt, vorsozialisierte Schüler zu anpassungsfähigen Bürgern heranzuziehen. Auf erlebens- und verhaltensgestörte Kinder ist sie nicht eingestellt. Da die psychischen Traumatisierungen unserer seelisch behinderten Kinder zwar ihre emotionalen und sozialen Fähigkeiten beschädigt haben, aber kaum den Bereich der Wahrnehmung und Ästhetik, wäre ein Schulkonzept angemessener, das dem Leitsatz folgt:

Wer die Schönheit sucht, wird die Wahrheit finden! (s. Aphorismen Nr. 71 und 72)

Ein solches an Wahrnehmung und Ästhetik orientiertes Konzept gibt es und wird vom Europäischen Forum für Freiheit im Bildungswesen (E/F/F/E) vertreten. Hier das Leistungsprofil der „Schönen Schule“ in 10 Thesen mit einer erläuternden Anmerkung von Johannes Kiersch aus dem Institut für Waldorfpädagogik.
K.E. (Okt. 00)

 

  1. Vielfalt des Weltverstehens
    Die Schöne Schule vermeidet die reduktionistische Einengung von Weltbildern. Sie arbeitet mit allen denkbaren Formen des Weltverstehens.
     
  2. Keine Wahrheit ohne Schönheit
    Die Schöne Schule leitet ihre Schüler zu originärer Erfahrung an. Sie geht dabei von der Einsicht aus, dass Wahrnehmungen ästhetische Qualitäten haben und dass diese Qualitäten für ein vernuftgeleitetes Weltverstehen unentbehrlich sind.
     
  3. Erweiterte Intelligenz
    Die Schöne Schule beschränkt sich nicht auf die Förderung des mathematisch-logischen Denkpotentials. Sie nimmt das breite Spektrum aller Intelligenzen in Anspruch.
     
  4. Klimapflege
    Die Schöne Schule schafft ein für alles Lernen produktive Atmosphäre durch konsequente Pflege ihres Milieus.
     
  5. Haus und Garten
    Zur Pflege des Milieus gehört für die Schöne Schule auch, dass sie als Gemeinschaft von Eltern, Schülern und Lehrern ihre Häuser und ihr Gelände eigenverantwortlich plant, ausbaut und versorgt. Sie berücksichtigt dabei die Forschungsergebnisse der neueren Physiologie und Psychologie der Sinne.
     
  6. Die Künste im Zentrum
    In der Schönen Schule werden die bildenden und die musischen Künste nicht nur als erfreuliches Beiwerk, sondern als zentrale Faktoren aller Lernprozesse aufgefasst.
     
  7. Schöne Schulgemeinschaft
    Die Schöne Schule gibt dem gemeinsamen Leben von Eltern, Schülern und Lehrern eine ästhetisch befriedigende äußere Form. Sie pflegt dabei lokale Traditionen.
     
  8. Autonomie
    Für Eltern, Lehrer und Schüler gemeinsam ist die schöne Schule eine permanente Gestaltungsaufgabe. Sie wird deshalb über kurz oder lang notwendig eine Schule in eigener Verantwortung, eine autonome Schule sein. Als solche kümmert sich die Schöne Schule möglichst weitgehend selbst um die Sicherung ihrer wirtschaftlichen Grundlagen. Die Schöne Schule befürwortet und erwartet den Rückzug der staatlichen Verwaltung aus allen curricularen Gestaltungsaufgaben und aus der Kontrolle des laufenden Betriebes im Schul- und Bildungswesen. Zugleich befürwortet sie die verfassungsgemäße Erhaltung und Sicherung der Rechtsaufsicht durch Organe des Staates.
     
  9. Evaluation in eigener Verantwortung
    Die Schöne Schule braucht die Überprüfung ihrer Arbeit von außen durch standardisierte Leistungsmessung nicht zu scheuen. Sie wird für eine unvermeidliche Übergangszeit die notwendigen Kompromisse eingehen. Von sich aus sorgt sie für die Dokumentation der Arbeitsergebnisse und des Lernfortschrittes ihrer Schüler und Lehrer durch moderne Verfahren der Präsentation und Selbstevaluation.
     
  10. Kooperation
    Die Schöne Schule bemüht sich um eine Zusammenarbeit mit verwandten Initiativen. Hierbei können regionale und überregionale Netzwerke wechselseitiger Förderung entstehen.

Anm. des Verfassers: Die Idee der “Schönen Schule” stammt aus Rußland. Sie ist besonders durch Prof. Nina Petrovna Litvinova (St. Petersburg) und durch Eginhard Fuchs, den ehemaligen Päsidenten des Europäischen Forums für Freiheit im Bildungswesen (E/F/F/E) vertreten und durch Kongresse mit entsprechenden Wettbewerbern in Rußland gefördert worden. In Deutschland ist besonders Prof. Christian Rittelmeyer (Universität Göttingen) beteiligt, der ein lesenswertes Buch zu einem Teilaspekt des Themas geschrieben hat: “Schulbauten positiv gestalten”, Bauverlag, Wiesbaden.

 

 

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